Unions-Fraktionsvize Meister sieht Europa für Griechen-Referendum gewappnet

Finanzpolitiker von CDU, SPD und Grünen haben mit Verständnis auf die überraschende Ankündigung einer Volksabstimmung in Griechenland reagiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) zeigte sich im "Handelsblatt" zugleich gelassen über mögliche Konsequenzen für die Euro-Zone. "Es ist Sache der Griechen, darüber zu entscheiden, ob sie die in Aussicht gestellten Hilfen akzeptieren wollen oder nicht", sagte Meister der Onlineausgabe des Blattes. Es handele sich um eine demokratisch legitimierte Entscheidung.

"Die Europäer haben sich mit dem Rettungsschirm vorbereitet." Der SPD-Haushälter Carsten Schneider nannte es nachvollziehbar, dass Volk zu befragen, da Griechenland einen langen, beschwerlichen Weg zu bewältigen habe. "Ich bin optimistisch, dass sich die Menschen für Reformen und einen Neuanfang entscheiden", sagte Schneider "Handelsblatt"-Online.

Eine Alternative ohne Anstrengungen Wachstum und solide Staatsfinanzen zu erreichen gebe es nicht. Schneider betonte allerdings auch: "Für Europa ist es jedoch wichtig, dass wir rasch eine Entscheidung haben und es danach dann auch Sicherheit für alle Beteiligten gibt." Die Grünen machten Bundesregierung sowie die Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) für die eingetretene Lage verantwortlich.

"Letztlich rächt sich jetzt die soziale Schieflage der Troika-Programme und die Abwesenheit eines echten wirtschaftlichen Aufbauprogramms, das Basis für neue wirtschaftliche Dynamik legt und den Menschen neue Hoffnung und Perspektiven verschafft", sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, "Handelsblatt"-Online. Deshalb hätten die Troika-Programme keinen Rückhalt in der griechischen Bevölkerung. "Damit zeigt sich einmal mehr, dass das Krisenmanagement der Bundesregierung gescheitert ist. Denn sie hat bisher noch auf jedem Gipfel versäumt, die soziale Schieflage der Troika-Programme zu korrigieren", sagte Schick. Schick forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, beim G20-Gipfel in Cannes einen "überfälligen Kurswechsel" in der Griechenland-Politik herbeizuführen. Vielleicht könne es so gelingen, die Menschen in Griechenland davon zu überzeugen, Mitglied der Euro-Zone zu bleiben. Dessen ungeachtet werde man jetzt in eine "sehr riskante Phase der weiteren Zuspitzung der Euro-Krise eintreten", fügte Schick hinzu. Die Staats- und Regierungschefs seien nur wenige Tage nach dem groß gefeierten Gipfeltreffen erneut in einer Sackgasse. "Allein die EZB ist derzeit handlungsfähig, um weitere Ansteckungen und somit eine neuerliche Verschärfung der Krise abzuwenden." Den Schritt des griechischen Premiers Giorgos Papandreous hält Schick für sehr riskant, zugleich aber für nachvollziehbar. Denn die Reformen und Herausforderungen, vor denen Griechenland steht, könnten nur zum Erfolg geführt werden, wenn sie von den Menschen vor Ort mitgetragen und unterstützt würden, betonte der Grünen-Politiker. Das sei bisher nicht im erforderlichen Ausmaß der Fall. Das Sanierungs-Programm von Mai 2010 habe Griechenland nicht voran gebracht, sagte Schick. "Hier liegt der wesentliche Grund dafür, dass die Ziele bisher immer verfehlt wurden und eine Verbesserung der Lage vor Ort nicht wirklich in Sicht ist." Selbst mit Schuldenschnitt werde die griechische Staatsschuld trotz aller radikalen Einschnitte nicht niedriger liegen als im Mai 2010.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 02.11.2011

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