"Spiegel": Unregelmäßigkeiten bei der Zulassung von "Euro Hawk"

Schon im Sommer 2009 schlugen Bundeswehr-Prüfer Alarm, dass es massive Probleme bei der Zulassung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" gebe.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das zeigen interne Dokumente der für die Prototypenprüfung zuständigen Abteilung beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), die dem "Spiegel" zugänglich gemacht wurden. Demnach flogen erstmals im Sommer 2009 Fachleute der Koblenzer Behörde nach Kalifornien, um den Bau der Drohne zu begutachten. Aus der Gruppe sei ein alarmierender Bericht nach Hause geschickt worden, heißt es.

Bei der Ankunft sei das Fluggerät bereits vollständig fertiggestellt gewesen, weshalb herstellungsbegleitende Prüfungen unmöglich gewesen seien. Northrop Grumman stellte den Beamten auch keine anerkannten Bauunterlagen zur Verfügung. Beim Test des Kraftstoffsystems wurde ihnen der Zutritt von der U.S. Air Force verweigert.

Wie die Unterlagen aus dem Beschaffungsamt nahe legen, waren die deutschen Prüfer möglicherweise gar nicht befugt, die Flugtauglichkeit der neuen Drohne zu bescheinigen. Dazu hätte Northrop Grumman die Beamten ausführlich über die technischen Details der Drohne aufklären müssen. Das soll nicht geschehen sein.

Schon aus Eigenschutz weigerten sich die Beamten zunächst, die Prototypenprüfung fortzuführen. Denn bei Unfällen mit tödlichen Folgen hätte die ganze Verantwortung bei ihnen gelegen. In diesem Fall sei mindestens der Straftatbestand der fahrlässigen Tötung, wenn nicht sogar der des Totschlags erfüllt, heißt es aus dem Prüferkreis.

Auch der Betriebsrat der Behörde warnte den Chef Harald Stein, die Zulassung mit allen Mitteln durchzupeitschen. Dieser nehme es in Kauf, "dass die beauftragten Mitarbeiter über keine oder kaum Erfahrung bei der Musterzulassung von Fluggerät verfügen", heißt es in dem Brief vom Oktober 2009, der dem "Spiegel" vorliegt. Doch der Druck aus dem Ministerium nahm zu. Das ergibt sich aus einem Mail-Verkehr von Ende 2010, in dem zu einer Krisensitzung eingeladen wird. Darin ist von einer "ministeriellen Initiative" die Rede, wonach der "Euro Hawk" bis zum April 2011 nach Deutschland zu überführen sei. Damals war Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Verteidigungsminister. Für die zur vorläufigen Zulassung notwendigen Prüfungen fand sich schließlich ein Beamter, der dafür später befördert wurde. Die Unterschrift für die Prototypenprüfung soll nach "Spiegel"-Informationen ein Mitarbeiter geleistet haben, der zu diesem Zeitpunkt bereits in einer anderen Abteilung arbeitete. Das Dienstsiegel soll er sich aus der alten Arbeitsstelle besorgt haben. Das BAAINBw wollte sich dazu auf Nachfrage des "Spiegel" mit Verweis auf die laufende Untersuchung der Vorgänge durch das Ministerium nicht äußern. Nach Informationen des "Spiegel" streitet sich das Ministerium mit dem US-Hersteller über die Frage, wer die Drohne fliegen darf. Bislang wird der im bayerischen Manching stationierte "Euro Hawk" aus den USA gesteuert. Das Ministerium will die Drohne von deutschen Piloten steuern lassen und hat Piloten ausbilden lassen, die im Moment aber keine Beschäftigung haben. Trotz der Probleme beim "Euro Hawk" warb de Maizière im Frühjahr 2012 massiv darum, dass sich Deutschland am AGS-Projekt der Nato beteiligt, bei dem ebenfalls Hawk-Drohnen angeschafft werden. Von den Problemen bei der Zulassung des "Euro Hawk" war in der Vorlage jedoch keine Rede. De Maizière hat den internen Prüfbericht zur Drohnen-Affäre nach Informationen des "Spiegel" bereits für Ende dieser Woche bestellt, um ihn dann vor der Präsentation im Verteidigungsauschuss selbst noch einmal zu prüfen. Unionsfraktionschef Volker Kauder stellte sich demonstrativ hinter de Maizière: "Der Verteidigungsminister hat das volle Vertrauen der Fraktion. Er bereitet jetzt den Sachverhalt auf, die nötige Zeit dafür soll er sich nehmen." Der Grünen-Haushaltspolitiker Tobias Lindner droht bei unzureichender Information mit einem Untersuchungsausschuss: "Wenn de Maizière seine Entscheidungen nicht lückenlos aufklären kann, muss das Parlament das übernehmen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 25.05.2013

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