Ärztemangel: AOK-Chef fordert neue Raumplanung für Gesundheitswesen

Weil auf dem Land Ärztemangel herrscht, während in manchen Städten eine Überversorgung mit Medizinern besteht, fordert der stellvertretende Chef des Bundesverbands der Ortskrankenkassen (AOK), Uwe Deh, ein radikales Eingreifen des Staates: "Wir brauchen in der nächsten Legislaturperiode so etwas wie eine Raumplanung für Gesundheit. Gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen müssen wir uns darauf verständigen, wie der tatsächliche Behandlungsbedarf in den Regionen aussieht. Damit stellen wir die Planung vom Kopf auf die Füße. Statt Kapazitäten und Arztsitze werden die Patienten zum Maß der Dinge", sagte Deh dem "Handelsblatt" (Montagausgabe).

Zugleich kritisierte Deh die Entscheidung der Bundesregierung, den Kliniken mit einer Milliarde Euro Nothilfe unter die Arme zu greifen. "Mit solchen Geldgeschenken decken wir nur die tatsächlichen Probleme zu. Fast mehr noch als im ambulanten Bereich haben wir bei den Krankenhäusern ein Strukturproblem."

Es gebe zu viele Häuser, die künstlich am Leben gehalten würden. Eine Folgewirkung sei, dass immer mehr Patienten ins Krankenhaus gelotst würden und vielfach zu Therapien und Operationen überredet werden, die über das medizinisch Notwendige hinausgingen. "Wenn die Entwicklung so weiter geht, werden wir irgendwann anfangen Gesunde zu behandeln", warnte Deh.

Forderungen aus dem Ärztelager, das Problem dadurch zu lösen, dass die vor zehn Jahren eingeführten leistungsorientierten Vergütungen, Fallpauschalen genannt, im Krankenhaus wieder abgeschafft werden, lehnte Deh ab. Die Fallpauschalen hätten ihren Zweck erfüllt, die Kliniken effizienter zu machen. Nur weil die Flankierung dieser Reform durch eine am Bedarf orientierte Raumplanung gefehlt habe, sei es auch zu einer "medizinisch nicht mehr erklärbaren Ausweitung der Leistungsmengen" gekommen.

Dies könne aber kein Grund sein, auf ökonomische Anreize zu verzichten. Sie dürften nur die medizinischen nicht ersetzen. "Was wir brauchen sind klare Leitplanken für die gesamte Versorgungsinfrastruktur." Und die könnten die Länder setzen. Dazu gehöre aber auch, "dass Krankenkassen künftig nicht mehr gezwungen sind, schlechte Qualität zu bezahlen – der Kontrahierungszwang mit jeder Klinik im Landeskrankenhausplan muss gelockert werden", forderte Deh.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 09.06.2013

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