Ökonomen: EZB-Beschluss schmälert Bedeutung der Karlsruher ESM-Entscheidung

Führende Ökonomen in Deutschland messen der Karlsruher Entscheidung über den Euro-Rettungsschirm ESM nach dem Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Anleihenkäufe nur noch eine geringe Bedeutung bei.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Mittlerweile haben wir die unbegrenzte Haftung über die EZB. Das schmälert die Bedeutung der kommenden Entscheidung", sagte der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, dem "Handelsblatt-Online". Auch nach Meinung des Direktors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, verliere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts "spürbar an Dramatik". Mit der unbegrenzten Aktionsfähigkeit der EZB im Rücken sei es "einfach nicht mehr so wichtig, wie stark beschränkt die Ressourcen des ESM sind", sagte Horn "Handelsblatt-Online".

Auch könnten die Entscheidungsprozesse nunmehr wesentlich langsamer und damit bedachter erfolgen, da die EZB die Finanzmärkte zeitlich unbegrenzt in Schach halten könne. Der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte warnte, bei der Konstruktion des ESM bestehe die Gefahr, dass schleichend neben der Geldpolitik auch die Fiskalpolitik vergemeinschaftet werde. "Es geht hier ja letztlich um Machtverteilungen", sagte Otte "Handelsblatt-Online".

"Während Deutschland als stärkste Volkswirtschaft der EU in fiskalpolitischen Maßnahmen ein sehr starkes Gewicht bis hin zur Vetomacht hatte, gilt dies beim ESM nicht." Wie bei der EZB würde Deutschland in vielen Fällen überstimmt werden. "Ich kann also nur hoffen, dass das Verfassungsgericht die denkbar stärksten Bremsen für Automatismen, insbesondere bei Kapitalerhöhungen des ESM, einziehen wir", sagte Otte.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 10.09.2012

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