Ökonomen: Flut hat kaum Folgen für deutsches Wirtschaftswachstum

Trotz der immensen Schäden durch das Hochwasser in mehreren Bundesländern dürften die Auswirkungen für Wachstum und Konjunkturentwicklung im Gesamtjahr begrenzt bleiben.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das hat eine Umfrage der "Welt" unter führenden Ökonomen ergeben. Für das zweite Quartal rechnen die befragten Experten allerdings mit kleineren Einbußen. "Absurderweise ist es nach vielen Naturkatastrophen so, dass die Wirtschaftsleistung danach sogar anzieht, weil die entstandenen Schäden behoben werden müssen. Ich denke nicht, dass sich die Prognosen wegen des Hochwassers wesentlich ändern werden", sagte Thomas Mayer, Chefstratege der Deutschen Bank, der "Welt". Zwar rechnet die Konjunkturabteilung der Deutschen Bank bisher mit gerade einmal 0,1 Prozent Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr und bewegt sich damit am unteren Ende der Prognosen. Sollte Deutschland am Ende doch ein Minuswachstum ausweisen, werde das aber "nicht an den Flutschäden liegen, sondern vielmehr an den Folgen von Euro-Krise und Rezession in Europa", so Mayer.

Ähnlich äußerte sich Rolf Schneider, Leiter der Konjunkturanalyse beim Versicherungskonzern Allianz: "In einigen Branchen ist es durch das Hochwasser zu regionalen Produktionsausfällen gekommen, und die Vermögensschäden durch die Flut sind sicher beträchtlich. Dennoch dürften die Folgen von Hochwasser und Schlechtwetter auf das Gesamtjahres-BIP keine spürbaren Auswirkungen haben." Allenfalls im zweiten Quartal könne das Bruttoinlandsprodukt um ein bis drei Zehntel unter den bisherigen Schätzungen liegen.

Allerdings führt der Experte das vor allem auf die Schlechtwetter-Einbußen in der Bauwirtschaft während des verregneten Frühjahrs zurück - und nicht so sehr auf die Folgen der Flut. Auch Alexander Schumann, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) rechnet damit, dass die Konjunktur vor allem kurzfristig leiden dürfte: "Seriös kann noch niemand sagen, wie groß der Einfluss des Hochwassers auf das Wirtschaftswachstum sein wird. Die Flut kostet jetzt erst einmal Wachstum, vor allem in den Hochwassergebieten, wo die Firmen nicht produzieren, verkaufen oder ihre Gäste bedienen können."

Dennoch bleibt auch der DIHK bei seiner Prognose von 0,3 Prozent Wachstum in diesem Jahr. "So schlimm die Flut für die betroffenen Regionen sind, für die Konjunktur des Gesamtjahres sind die Folgen verkraftbar", sagt Schumann. Zudem dürfte die Beseitigung der Schäden an Häusern und Produktionsanlagen eine Sonderkonjunktur schaffen. "Das war 2002 bei der Bauwirtschaft der Fall." Die Bauindustrie ihrerseits will allerdings nicht als Profiteur der Naturkatastrophe dastehen. "Das ist kein gewaltiger Konjunkturschub für unsere Branche", sagte Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). "Es ist fraglich, ob das der Baubranche überhaupt per Saldo mehr Gewinn bringt, wenn wir uns die Effekte über einen längeren Zeitraum betrachten." Denn die Bauunternehmen in den betroffenen Regionen litten jetzt ebenfalls, etwa wenn Baustellen oder bereits fertiggestellte aber noch nicht übergebene Projekte überflutet werden.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 09.06.2013

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