Ökonomen warnen EU vor Sanktionen gegen russische Banken

Ökonomen in Deutschland warnen die EU davor, im Zuge weiterer Sanktionen alle russischen Banken auf eine schwarze Liste setzen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Kommt es zur Kappung der Finanzierungs- und die Finanzflüsse zwischen Russland und den Ländern der Europäischen Union, möglicherweise auch den USA, müssten die Zentralbanken in jedem Fall sehr wachsam sein", sagte die Forschungsdirektorin Finanzmärkte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Dorothea Schäfer, "Handelsblatt-Online". "Die Gefahr liegt insbesondere darin, dass die Geldflüsse abrupt gestoppt werden könnten, und zwar sowohl der Fluss von EU-Geldern nach Russland, als auch der Fluss von russischem Geld in die EU." Denn hinter den Geldflüssen steckten häufig Finanzierungen oder Investitionen, die in der Regel bereits vertragsmäßig vereinbart seien, sagte Schäfer weiter.

"Die Banken in der EU müssten also sehr schnell nach Ersatzgeldgebern suchen, was wegen des immer noch nicht gut funktionierenden Interbankenmarkt nicht ganz einfach sein dürfte." Für die russischen Banken gelte das "sicherlich" verschärft. Nach Einschätzung von Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums (BFZ), entstehe der Schaden immer auf beiden Seiten und sei langfristiger Natur.

"Die Russen werden sich in Zukunft sehr genau überlegen, wo sie ihr Geld anlegen, ob es weltweit nicht auch Banken gibt, wo es vor Europäern und Amerikanern sicher ist", sagte Gerke "Handelsblatt-Online". Vielleicht sei Russland der Hauptgeschädigte. "Unter dem Strich hat davon keiner einen Nutzen."

Politische Fragen dieser Art löse man nicht durch "Verlegenheitsaktionen", mit denen man den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht direkt treffe. Putin habe seine Position sogar stabilisiert. "Die westliche Welt unterschätzt den Stolz der Russen und auch das Gefühl der Russen, dass die Krim eigentlich urrussisch ist", so Gerke.

Hintergrund sind Äußerungen des Spitzenkandidaten der konservativen Parteien bei der Wahl zum Europaparlament, Jean-Claude Juncker. "Wenn wir die Finanzierungs- und die Finanzflüsse zwischen Russland und den Ländern der Europäischen Union, möglicherweise auch der USA kappen, dann wird dies Wirkung zeigen", hatte Juncker im Deutschlandfunk gesagt. Vor allem die russischen Oligarchen hätten jedes Interesse daran, dass diese Finanzflüsse bestehen bleiben, sagte Juncker weiter. "Ich hielte Sanktionen im Finanzbereich für die geeigneteren, wenn es denn dazu kommen müsste, dass wir in Stufe drei der Sanktionen eintreten müssen." Der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte hält ein solches Vorgehen für fatal. "Insgesamt wären die Folgen der Maßnahme dramatisch", sagte Otte "Handelsblatt-Online". Mit Blick auf Juncker fügte er hinzu, dieser sei "immer schnell bei der Hand, mit moralischen Obertönen Maßnahmen zu fordern, die vielleicht auch versteckte Industriepolitik für Luxemburg" seien. Banken-Sanktionen gegen Russland würden Deutschland, "das auch einen ausgeprägten Handel mit Russland hat und diesen ausbauen sollte, und die Schweiz wahrscheinlich härter treffen als Luxemburg". Damit hätte Luxemburg einen Wettbewerbsvorteil.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.03.2014

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