Afghanistan-Experte Rashid: Deutschland vermittelte bei Gesprächen mit Taliban

Deutschland hat nach Angaben des Afghanistan-Experten Ahmed Rashid eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Gesprächen zwischen Amerikanern, Taliban und der afghanischen Regierung gespielt.

München (dts Nachrichtenagentur) - Die Bundesregierung habe drei Treffen vermittelt, zwei außerhalb von München und eines in Qatar, sagte Rashid in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus". Deutschland werde von den Taliban als neutraler Player angesehen. Der pakistanische Journalist und Bestsellerautor, der als einer der besten Kenner der Hindukusch-Region gilt, plädierte dafür, Gespräche mit den Gotteskriegern ernster zu nehmen, denn sie seien zu Kompromissen bereit.

"Sie haben einen Teil ihrer Haltungen revidiert." So erlaubten sie beispielsweise jetzt den Schulbesuch von Mädchen und hätten Angriffe auf Schulen verboten. Den Abzug der internationalen Truppen Ende 2014 würden sie nicht zum Anlass nehmen, das Land zurückzuerobern, zeigte sich Rashid überzeugt.

"Sie wissen ganz genau, dass sie dann wieder total isoliert wären - wie in den Neunzigern, dass der Westen Geld und Hilfe für die Afghanen sofort stoppen würde." Rashid kritisierte, dass der Westen bisher nicht genügend Arbeitsplätze für die Afghanen geschaffen habe. Deren Wirtschaft sei komplett von der Anwesenheit der Nato-Truppen abhängig.

"Wenn in den nächsten zwei Jahren nicht mehr in den Aufbau einer eigenen Ökonomie gesteckt wird, bricht 2014 die große Depression aus." Rashids Bilanz nach zehn Jahren Krieg seit den Anschlägen des 11. September 2001 fiel gemischt aus: Es gebe enorme soziale Verbesserungen, zum Beispiel besuchten jetzt acht Millionen Kinder die Schule. Aber es sei extrem wichtig, dass die Welt weiterhin Afghanistan aufmerksam beobachte, "damit es nicht zu einem Bürgerkrieg kommt".

Der Westen muss sich nach Ansicht Rashids auch mehr um Pakistan kümmern, wo Al Kaida jetzt seine Hauptbasis habe. In eine Friedenslösung für die gesamte Region müsse auch der Iran einbezogen werden. "Iran ist ein Schlüsselstaat in der Region. Ich würde anfangen, mit dem Iran zu reden."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 04.09.2011

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