Aigner sieht Frauen-Offensive in der Politik

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner sieht Frauen in der Politik auf dem Vormarsch.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "In der Politik bringen sich Frauen immer stärker ein. Viele müssen harte Strecken zurücklegen, aber irgendwann wird es Normalität sein, und niemand wird mehr darüber sprechen, ob es ein Mann oder eine Frau ist", sagte die CSU-Politikerin der "Welt am Sonntag". Frauen hätten manchmal einen anderen Ansatz und gingen anders an Themen ran, so Aigner.

"Vor allem denken sie eher vom Ende her. Ihnen geht es weniger um den momentanen Punktsieg, sondern mehr um die Frage: Wie kommen wir zu einer Lösung, wie kommen wir dorthin, wo wir hinwollen"? Frauen könnten zwischendurch auch mal eine Niederlage einstecken, ohne dass sie das Gesicht verlören. "Das unterscheidet weiblichen Politikstil von männlichem Politikstil."

Aigner riet Frauen, sich nicht auf die klassischen Themenfelder zu verengen. Sie selbst habe früher in der Hubschrauberentwicklung gearbeitet. "Ich bin es gewohnt, allein unter Männern zu sein. Ich habe vier Semester als einzige Frau mit hundert Männern die Schulbank gedrückt. Das hat einen Heidenspaß gemacht", sagte sie. "Es ist ganz simpel: Man muss sich durchsetzen als Frau. Und wenn es schwierig wird, darf man nicht gleich rufen: Oh, Hilfe!" Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sieht Frauen ebenfalls in der Offensive. "Für mich war es bei der Landtagswahl von Vorteil, als Frau anzutreten", sagte die CDU-Politikerin der "Welt am Sonntag". Denn vor allem die Wählerinnen hätten ihr den Vorzug vor dem SPD-Kandidaten Heike Maas gegeben. "Durch meine Art des Auftritts, aber auch, weil ich eine Frau bin, werde ich als jemand wahrgenommen, der nah bei den Menschen ist", sagte Kramp-Karrenbauer. Und Glaubwürdigkeit sei im Wahlkampf das größte Pfund. Auch im Jahr 2000, als sie von dem damaligen Ministerpräsidenten zur ersten Innenministerin in Deutschland berufen wurde, habe die Geschlechterfrage eine Rolle gespielt. "Es gab eine strategische Überlegung, den Überraschungseffekt zu nutzen", sagte Kramp-Karrenbauer rückblickend. Die CDU-Politikerin stellte aber klar, dass Frausein allein niemals reiche, um an die Spitze zu gelangen. Alle Frauen, die Spitzenämter bekleiden, würden an ihrer Leistung gemessen. "Karriere bedeutet harte Arbeit, geschenkt wird einem nichts". Das gelte für Frauen und für Männer gleichermaßen, sagte Kramp-Karrenbauer. Richard Hilmer, Chef des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap, bestätigte: "Der Trend ist eindeutig. Die Frauen drängen zunehmend in politische Spitzenämter und die Parteien wählen sie immer häufiger dorthin." Die Politikerinnen erreichten die eigenen Geschlechtsgenossinnen besser als ihre männlichen Konkurrenten, sagte er. Bei den männlichen Wählern spiele das Geschlecht hingegen weniger eine Rolle. Unter dem Strich hätten somit Kandidatinnen einen Vorteil. "Die Parteien rechnen sich größere Chancen aus, wenn sie Frauen aufstellen", sagte der Politologe Gerd Langguth von der Universität Bonn. 2005 sei ihr Geschlecht für Merkel noch von Nachteil gewesen. "Vor allem Frauen haben damals Gerhard Schröder ihre Stimme gegeben, weil sie Vorbehalte gegen eine Kanzlerin hatten." Doch derartige Bedenken gegenüber Frauen gebe es dank Merkel nun nicht mehr. "Insofern können sich die heutigen Ministerpräsidentinnen herzlich bei Merkel bedanken", so der Parteienforscher. "Politikerinnen sind nicht so gockelhaft wie die männliche Konkurrenz", sagt Langguth. Die Kanzlerin regiere unauffälliger als ihre Vorgänger. Zwar habe die CDU-Chefin ihre Partei gravierend verändert, doch sie tue dies ohne groß Aufhebens zu machen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 07.10.2012

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