Altbischof Huber lehnt stärkere Besteuerung von Wohlhabenden ab

Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber lehnt eine stärkere Belastung von Wohlhabenden in der europäischen Finanzkrise ab.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Bevor man über weitere Steuereinnahmen redet, sollte man über die effektivere Verwendung der Mittel sprechen", sagte der frühere Landesbischof von Berlin-Brandenburg im Interview mit der Tageszeitung "Die Welt". Huber verwies darauf, "dass im Gesundheitswesen 20 bis 25 Prozent der Ausgaben keinen gesundheitlichen Nutzen für die Bevölkerung haben oder dass die familienpolitischen Zwecke mit dem gegenwärtig so umfangreich eingesetzten Geld wirksamer gefördert werden könnten, als das heute der Fall ist". Zwar sei es "richtig", so Huber, "dass starke Schultern mehr tragen müssen".

Doch dies "ließe sich überzeugender vermitteln, wenn der Staat das bereits verfügbare Geld zielorientierter einsetzen würde". Huber sagte, er sei enttäuscht gewesen, als er nicht als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nominiert wurde. "Weil ich bereit war, diese Aufgabe zu übernehmen, gab es natürlich ein Gefühl der Enttäuschung."

Er sei während eines Studienaufenthalts in Südafrika kurz nach Christian Wulffs Rücktritt am 17. Februar gefragt worden, ob er als Nachfolger bereit stehe: "Daraufhin habe ich mich mit meiner Frau zusammengesetzt, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ich die Frage bejahe", sagte Huber. "Wenn ich zu etwas Ja sage, tue ich das aus innerer Überzeugung, und zwar auch dann, wenn ich nicht einschätzen kann, wie sich die Dinge entwickeln." Schon bald aber habe seine Frau Kara ihm gesagt, "dass das mit mir und dem Amt wohl nichts werde und die Nominierung auf jemand anderen hinauslaufe. Das half mir sehr, gelassen damit umzugehen, dass ich es nicht wurde." Die Enttäuschung über sein Ausscheiden aus dem Kandidatenrennen sei aber rasch verflogen. Joachim Gauck lobt er als Bundespräsidenten, "der über große Ausstrahlung verfügt, von der Bevölkerung breit getragen wird und nach innen wie nach außen dem Amt wieder Ruhe und Verlässlichkeit gibt".

Seinen NS-belasteten Vater Ernst Rudolf Huber hätte er gern eingehender zu dessen Rolle als führender Verfassungsjurist des NS-Regimes befragt. "Ich frage mich, ob ich mutig genug gefragt habe, ob ich ihm genügend Chancen gegeben habe, klarer über seine Verstrickung zu sprechen." Seine geringe Neigung zum Nachfragen führt der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber auf die "Furcht vor einem sehr schweren Thema, vor einer unkalkulierbaren Belastung unseres Verhältnisses" zurück. Heute denke er, "dass diese Furcht eher unberechtigt war und dass mein Vater auch nachdrücklicheren Fragen nicht ausgewichen wäre". Sein Vater habe versucht, die Familie "zum Fragen einzuladen." Es sei aber "fatal, dass ich mich nicht erinnern kann, was wir hinterher gefragt haben". Zwar erinnert sich Huber daran, dass er in jener Situation "das Gehörte beeindruckend" gefunden habe, "es hat vieles geklärt. Aber ich habe offenbar nicht nachgefragt, ohne dass ich den Eindruck hätte, dass er mir das Fragen damals schwer gemacht hätte." In seiner Kindheit habe zwischen ihm und seinem Vater eine enge persönliche Bindung bestanden, weil der Vater "zu mir als kleinem Kind sehr herzlich und zugewandt war." Sein Vater habe ihn gelehrt, "dass man Tag für Tag diszipliniert am Schreibtisch sitzen und gleichzeitig freundlich zu den Kindern sein kann. Das ist bei allen Unterschieden der politischen Orientierung ein eng verbindendes Band."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 06.08.2012

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