Altkanzler Schmidt kritisiert Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin

Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat sich in die Debatte um die Integration von Zuwanderern eingeschaltet.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In der "Bild-Zeitung" übte Schmidt Kritik am Umgang seiner Partei mit Thilo Sarrazin: "Der Parteiausschluss Sarrazins ist der falsche Weg." Er stimme nicht in allen Punkten mit Sarrazin überein, so Schmidt: "Aber Sarrazin hat recht, was die Integrationsbereitschaft und -fähigkeit vieler Moslems betrifft: Wer vom Säuglingsalter an in einer völlig europafremden Umgebung groß geworden ist - mit völlig anderem Verhalten gegenüber dem Vater, gegenüber Frauen, mit einem anderen Ehrbegriff -, der lebt sich sehr viel schwerer in die deutsche Gesellschaft ein." Deutschland sei "de facto ein Einwanderungsland", so der Altkanzler, "aber uns fehlen die Regeln dafür."

Die Deutschen hätten in der Vergangenheit "gar nicht darauf geachtet", wer ins Land komme: "Zum Beispiel haben wir Hunderttausende Menschen aus Osteuropa als Deutsche aufgenommen, weil sie mal eine deutsche Urgroßmutter hatten - unabhängig davon, was sie können oder leisten." Ausdrücklich warnte Schmidt gegenüber "Bild" vor der Aufnahme der Türkei in die Europäische Union: "Dann würden zig Millionen Moslems freien Zugang zu ganz Europa haben und unsere Arbeitsmärkte und Sozialsysteme überschwemmen. Da könnten wir auch gleich Algerien, Marokko, Libanon, Syrien mit einplanen. Und deren Konflikte - etwa zwischen Kurden und Türken - fänden dann in unseren Städten statt. Das wäre eine gewaltige Fehlentwicklung." Die Politik müsse die Entstehung von Parallelgesellschaften und Ghettos in deutschen Städten und besonders unter Jugendlichen verhindern: "Die Jugendstrafjustiz ist in keinem guten Zustand - bei Zuwanderern wie bei Deutschen", so der Altkanzler, "das Buch von Kirsten Heisig zeigt, dass viele Jugendrichter viel zu spät, zu milde und zu verständnisvoll urteilen. Strafen müssen `auf dem Fuße` folgen, sonst werden sie von Jugendlichen nicht ernst genommen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.11.2010

Zur Startseite