American Jewish Committee warnt vor Stigmatisierung friedlicher Muslime

Das American Jewish Committee (AJC) hat davor gewarnt, die Terrorakte in Frankreich für eine weitere Ausgrenzung von Muslimen zu instrumentalisieren: "Wir müssen einer weiteren Stigmatisierung der friedlichen Muslime stärker entgegenwirken. Die Stigmatisierung der Muslime führt zu weiterem Vertrauensverlust in Staat und Gesellschaft. Damit treiben wir mehr friedliche Muslime in die Arme der radikalen Islamisten", sagte der Direktor des AJC-Europabüros in Brüssel, Stephan Kramer, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Außerdem werde die Zusammenarbeit der friedlichen Muslime mit Polizei und Sicherheitsbehörden noch schwieriger.

"Damit berauben wir uns wichtiger Informationsquellen für Präventionsarbeit und Terrorbekämpfung und spalten die Gesellschaft, was eines der Ziele des Terrors ist", warnte Kramer. Kritisch sieht der AJC-Direktor, dass der Schutz jüdischer Einrichtungen in einigen EU-Staaten trotz einer erhöhten Bedrohungslage erhebliche Defizite aufweise. Absolute Sicherheit gebe es zwar nicht.

"In Europa gibt es aber auch eine Reihe von Ländern, die noch teilweise erheblichen Nachholbedarf haben." In Deutschland seien dagegen die Schutzmaßnahmen auch für jüdische Einrichtungen "hoch und professionell". Aus Kramers Sicht hat der Anschlag in Paris noch einmal deutlich gemacht, "dass es kein klassisches Bedrohungsszenario gibt, sondern wir uns auf Weiterentwicklungen und Veränderungen in der Terrorszene einstellen müssen".

In Paris habe es sich nicht um den klassischen Selbstmordanschlag gehandelt. "Das ist eine neue Qualität und zeigt eine neue Strategie." Die Brutalität, Kaltblütigkeit und Professionalität, mit der die Täter in Frankreich vorgegangen seien, zeige zudem, dass die Terrorgefahr "extrem hoch" sei.

Das gelte besonders für jüdische Einrichtungen und Personen. "Europa ist keine Insel der Glückseeligen, der islamistische Terror ist längst bei uns angekommen", sagte Kramer. "Das haben bisher nicht alle realisiert oder realisieren wollen, auch bei den politisch Verantwortlichen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 10.01.2015

Zur Startseite