Atompolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion gegen Leitantrag der Parteispitze

Die grüne Parteispitze muss sich beim Sonderparteitag am Samstag in Berlin auf heftigen Widerstand einrichten.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Viele Delegierte drohen mit einer Ablehnung der schwarz-gelben Pläne zum Atomausstieg. Auch die atompolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, die Karlsruherin Sylvia Kotting-Uhl, dringt auf Nachbesserungen. Der Leitantrag des Bundesvorstands sei zu 95 Prozent wunderbar, sagte sie der "Stuttgarter Zeitung" (Freitagausgabe).

Dennoch werde sie nicht hinnehmen, dass die Grünen der Atomgesetz-Novelle unkonditioniert zustimmen sollen. "Ich finde, dass wir erst von der Koalition in Verhandlungen einbezogen werden müssen", betont sie. Ein Kompromiss sei nicht nur die Linie einer Seite.

"Aber wir müssen uns darin wiederfinden", mahnt Kotting-Uhl. "Ich fühle mich nicht in einen Konsens einbezogen, wenn mit uns überhaupt nicht geredet wird." Das Verhandeln von Koalition und Opposition im Parlament stünde noch aus.

Konkret will sie nicht akzeptieren, dass ein großer Brocken von mindestens drei und eventuell sechs AKW erst in der 2021 beginnenden Legislaturperiode abgeschaltet werden soll. Dies wäre im Sinne eines echten Ausstiegs "sehr gefährlich". Der Druck, die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke tatsächlich zu ermöglichen, werde schwinden, wenn dies erst in einer späteren Legislatur geplant sei.

An die Unumkehrbarkeit eines Atomausstiegsbeschlusses hätten die Grünen schon einmal geglaubt - damals vergeblich. "Regierungsmeinungen ändern sich, das erleben wir im Moment in einem hohen Tempo", sagt Kotting-Uhl. Wenn ihr Änderungsantrag abgelehnt wird, will sich das baden-württembergische Landesvorstandsmitglied am Samstag enthalten oder gar mit Nein stimmen, obwohl sie an weiten Teilen des Leitantrags mitgearbeitet hatte. Eine schwarz-grüne Koalition sei für sie keine Diskussion. "Die Atompolitik ist unser Kernthema", sagt die Karlsruher Abgeordnete. Sie möchte darüber nicht taktisch entscheiden, sondern fachlich. "Das Konzept zur Energiewende ist bisher zu schlecht - was das an Koalitionen möglich oder unmöglich macht, ist mir dabei völlig egal."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.06.2011

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