BKA-Chef erschüttert über Taten der Thüringer Terrorzelle

Nach dem Versagen der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den Morden der Thüringer Terrorzelle hat sich der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, erschüttert gezeigt.

Wiesbaden (dts Nachrichtenagentur) - "Mir tut es sehr leid, dass wir den Opfern und deren Angehörigen nicht rechtzeitig helfen konnten", sagte Ziercke dem Nachrichtenmagazin "Focus". Bis zuletzt hätten dem BKA "weder Erkenntnisse zu rechtsterroristischen Organisationen oder Strukturen in Deutschland noch Anzeichen für derartige Anschläge aus der rechtsextremen Szene" vorgelegen. Die Mitglieder der Zelle hätten sich "völlig atypisch verhalten" - über Jahre hinweg schwerste Gewalttaten verübt, ohne sich dazu zu bekennen.

"Dieser Umstand", so Ziercke, "und die verdeckte Lebensweise der Mitglieder der Gruppierung sind für den Bereich der politisch motivierten Kriminalität von rechts in Deutschland bislang einmalig." Gleichzeitig wehrte sich Ziercke gegen den Vorwurf eines Total-Versagens der Behörden: "Diesen Pauschalvorwurf lasse ich nicht gelten. Die Frage, wer für was verantwortlich ist, kann beantwortet werden, wenn der Fall in seiner Gänze und mit seinen zahlreichen Verästelungen aufbereitet ist."

Nach einer Woche stünde man immer noch "erst am Anfang der Ermittlungen". Bundesweit seien etwa 400 Beamte des BKA und der Länder im Einsatz. "Auch diejenigen, die die vermeintlich Verantwortlichen bereits ausgemacht haben, sollten die Aufklärungsarbeit abwarten", warnte der oberste Terroristenfahnder Deutschlands.

Der Vorwurf, der Thüringer Fall stelle auch eine Bankrotterklärung des föderalen Systems dar, wies Ziercke zurück: "Wir sollten nicht vergessen, dass wir es diesem System zu verdanken haben, dass wir in den letzten Jahren beispielsweise eine Reihe terroristischer Anschläge aus dem islamistischen Spektrum erfolgreich verhindern konnten. Auch zentralistisch organisierte Strukturen haben ihre Nachteile." Gleichwohl müsse man aber fragen, ob "wir bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus bzw. des Terrorismus grundsätzlich richtig aufgestellt sind". Das heiße im Umkehrschluss aber nicht, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus bisher vernachlässigt worden sei. "Das Gegenteil ist richtig."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 19.11.2011

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