BND-Chef: Überzogene Erwartungen der Tunesier und Ägypter gefährden Demokratieprozess

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau, befürchtet Rückschläge beim Demokratieprozess in den arabischen Ländern.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Überzogene Erwartungen der Menschen könnten diesen Prozess gefährden, sagte er in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt". "In Tunesien, aber auch in Ägypten, ist die Lage überaus fragil", sagte Uhrlau. "Das liegt an der großen Erwartungshaltung der Bevölkerung."

In den nächsten Wochen und Monaten werde es entscheidend darauf ankommen, dass diese Erwartungen, die mit einem solchen revolutionären Umschwung verbunden seien, realistisch blieben. "Leider sind die Erwartungen vieler Menschen in Tunesien schon jetzt nicht mehr realistisch", so Uhrlau. Tausende flüchteten nach Europa, weil sie zwar gut ausgebildet seien, zu Hause aber keine Arbeit fänden.

"Wenn wir diesen Flüchtlingsstrom stoppen wollen, müssen wir uns fragen: Was können wir in kurzer Zeit zur Befriedigung der ökonomischen Grundbedürfnisse und der Suche nach Arbeit leisten?", sagte der BND-Chef. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit werde in den ganz jungen Gesellschaften noch über Jahre ein großes Konflikt- und Unruhepotenzial darstellen. "Dieses Potenzial werden wir spüren. Deswegen haben wir dort eine fragile Situation", sagte Uhrlau. Auf die Frage, ob die Revolutionen in Ägypten und Tunesien auch zu einem Umbruch in Iran führen könnten, antwortete Uhrlau, die Lage in Iran sei stabil. "Das Regime wird sich nicht infrage stellen lassen. Mit den Präsidentschaftswahlen 2009 und danach hat es die grüne Revolution über die staatlichen Maßnahmen der Repression bis hin zu den Schauprozessen zunächst in ihrer Kraft gebrochen und ihr die Dynamik genommen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 18.02.2011

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