Baden-württembergische Kultusministerin hält Grundschulempfehlung für "unsägliche Bevormundung der Eltern"

Gabriele Warminski-Leitheußer, Kultusministerin in Baden-Württemberg, hält die Grundschulempfehlung durch Lehrer für "eine unsägliche Bevormundung der Eltern".

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das erklärte die Sozialdemokratin in einem Interview mit dem "Siegel". An der Abschaffung der im Südwesten bislang verpflichtenden Empfehlung will Warminski-Leitheußer aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit festhalten: "Ich habe ein anderes Weltbild. Es geht nicht darum, Statusversprechen zu verteilen, sondern darum, Bildungszugänge zu ermöglichen."

Dass die geplante Einführung der Gemeinschaftsschule dem baden-württembergischen System noch einen weiteren Schultyp hinzufügt und damit für noch mehr Verwirrung sorgt, hält die Kultusministerin für zweitrangig: "Dieses grundsätzliche Problem bestand doch schon lange vor der Einführung der Gemeinschaftsschule. Als ich zum ersten Mal ein Schaubild über die Wege zum Abitur in Baden-Württemberg sah, da dachte ich: Meine Güte, das sieht ja aus, wie der Nahverkehrsplan des Ruhrgebiets, wo ich aufgewachsen bin." Die Sozialdemokratin erklärte im "Spiegel"-Interview, sie halte trotz all der Neuerungen durch die grün-rote Landesregierung nichts "von Tabula-rasa-Reformen" in der Bildungspolitik: "So bringt man das Schiff nur so sehr in Bewegung, dass alle seekrank werden."

So lehnt die erklärte G-8-Kritikerin – "ich bin aus tiefster Überzeugung gegen G8" – eine landesweite Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren ab. Sie akzeptiere, "dass dieses System nun etabliert ist". Angesichts eines "dramatischen Sanierungsstaus an öffentlichen Schulen" fordert Warminski-Leitheußer ein größeres finanzielles Engagement des Bundes in der Bildungspolitik: "Wenn ich als Kultusministerin verkünden würde, dass es schon vor 2020 überall Ganztagesangebote geben wird, zeigen mir die Bürgermeister doch den Vogel. Wir sollen keine Schulden machen, aber Ganztagsschulen aufbauen – das ist doch eine Illusion. Wir brauchen ein Investitionsprogramm des Bundes, denn nur er kann noch investieren."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 30.10.2011

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