Bahr will gegen "Wucherzinsen" der Krankenkassen vorgehen

Die Bundesregierung will Hunderttausenden säumigen Beitragszahlern in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung aus der Schuldenfalle helfen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In der gesetzlichen Krankenversicherung sollen Zinsen von bis zu 60 Prozent im Jahr abgeschafft werden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) in ihrer Montagsausgabe schreibt, soll für Privatversicherte ein preiswerter Notlagentarif eingeführt werden, der nach Branchenschätzungen nicht mehr als 100 Euro im Monat kosten wird. Das geht aus einem der F.A.Z. vorliegenden Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums hervor, der derzeit in den Ressorts abgestimmt wird und noch vor der Wahl im September verabschiedet werden soll.

Zur Begründung hieß es, die bisherigen Reglungen hätten sich nicht bewährt. Krankenversicherer und -kassen lobten Bahr für sein Vorhaben. Der Direktor des PKV-Verbands, Volker Leienbach, sagte dieser Zeitung, endlich liege ein Gesetz vor, das hochverschuldeten Versicherten helfe.

Der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, Florin Lanz, sagte, es sei gut, dass die Kassen nicht mehr gezwungen seien, extrem hohe Zinsen zu verlangen. "Hier werden die Verhältnisse gerade gerückt." Die privaten Krankenversicherer sprechen von 150.000 Kunden, die ihren Beitrag nicht zahlen.

Schon im Herbst 2011 waren deren Außenstände in der PKV auf 554 Millionen Euro beziffert worden. In der gesetzlichen Krankenversicherung betragen die Beitragsrückstände samt aufgelaufener Zinsen nach jüngsten Angaben allein von Selbstständigen 1,5 Milliarden Euro. Insgesamt sind es 4,5 Milliarden Euro.

Selbständige, oft junge Leute, die ein eigenes Geschäft gegründet und sich dabei finanziell übernommen haben, machen auch in der PKV das Gros der Nichtzahler aus. Da laufe schnell ein kaum mehr abzutragender Schuldenberg in Höhe fünfstelliger Beträge auf, hieß es. Die Bundesregierung hat unlängst ausgerechnet, dass ein gesetzlich versicherter Selbständiger, der seinen Beitrag nicht zahlt, nach 2 Jahren auf Beitragsschulden von 10 447 Euro sitzt, wovon 3847 Euro Säumniszuschläge sind. Nach vier Jahren machen Zinsen und Zuschläge schon mehr als die Hälfte der auf 29 300 Euro gewachsenen Schuld aus. Zumindest der schnelle Anstieg der Zinsen soll in der gesetzlichen Versicherung nun dadurch verhindert werden, dass der monatliche Säumniszuschlag von 5 auf 1 Prozent gesenkt wird. Kassen und Versicherungen können säumige Zahler, unabhängig von ethischen Fragen, nicht einfach kündigen. Denn seit einigen Jahren besteht eine Pflicht zur Versicherung. Auch deshalb laufen Schulden der Versicherten auf, deren Versicherungskosten die übrigen Mitglieder tragen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 03.03.2013

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