Behindertenbeauftragter Hüppe wirft Kultusministern "Etikettenschwindel" vor

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, hat die Kultusministerkonferenz (KMK) für ihr Agieren beim Thema Inklusion kritisiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Schreiben an die KMK, dass der "Welt" vorliegt, prangert er "Etikettenschwindel" an. Die KMK hat in einem Entwurf "Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen" Empfehlungen für alle Bundesländer erarbeitet. Diese entsprächen jedoch "nicht den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention", schreibt Hüppe.

Vielmehr zementiere der Entwurf das in Deutschland vorherrschende Förderschulsystem. Konkret beklagt er ein falsches Spiel mit Begriffen: So würde die Zuweisung behinderter Kinder an Förderschulen in dem Entwurf einfach als "inklusiv" bezeichnet. Offenbar seien die Vorbehalte einiger Bundesländer gegen den gemeinsamen Unterricht von Behinderten und Nichtbehinderten noch immer groß, schreibt Hüppe.

Damit unterstellt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung den Länderministern, die staatlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik zu unterlaufen. Hüppe zitiert völkerrechtliche Gutachten, die zu dem Schluss kommen, schon heute hätte jedes behinderte Kind in Deutschland ein einklagbares Recht auf einen Platz an einer Regelschule. Die Kultusministerkonferenz reagiert auf die Vorwürfe gelassen und verweist darauf, dass es sich bei dem Papier nur um einen Entwurf handle: "Auf der Basis der Stellungnahmen, auch jener von Herrn Hüppe, wollen wir im Herbst Empfehlungen vorlegen, an denen sich alle Länder orientieren können", sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz, der niedersächsische Ressort-Chef Bernd Althusmann (CDU), der "Welt".

Allerdings wies Althusmann die Kritik seines Parteifreundes als "nicht sachgerecht" zurück. "Wir sind dem Prinzip der Sorgfalt und dem Kindeswohl verpflichtet." Althusmann warnt davor, das bestehende Förderschulsystem vollständig aufzugeben.

"Die Bundesländer haben in den letzten Jahren ihr System zur Beschulung behinderter Kinder im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung deutlich ausgebaut. Es geht nun darum, diese Ansätze durch die Möglichkeiten inklusiver Beschulung zu erweitern." Man müsse anerkennen, dass es Formen von Behinderung gebe, die einen Besuch von Regelschulen als nicht die beste Lösung erscheinen lassen. "Es wird deshalb wohl auch parallele Strukturen geben müssen", so der KMK-Präsident.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 13.04.2011

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