Bericht: Merkel verstieß gegen interne Sicherheitsbestimmungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit dem regelmäßigen Benutzen ihres Parteihandys jahrelang gegen interne Sicherheitsbestimmungen verstoßen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf eine Anweisung des Bundesinnenministeriums, die seit März 2006 für alle Regierungsmitglieder gilt. In dem Schriftstück heißt es: "Personen, die zum Zugang zu Verschlusssachen ermächtigt sind", sei der Betrieb "privater Informationstechnik und mobilen Telekommunikations-Endgeräten (dies sind zum Beispiel Mobiltelefone) am Arbeitsplatz grundsätzlich untersagt." Folgt man dieser Anweisung, hätte die Bundeskanzlerin grundsätzlich nicht mit ihrem Standardhandy Gespräche mit Regierungsbezug führen dürfen.

Merkel hat in den vergangenen Jahren meist ihr Parteihandy genutzt, auch für Regierungszwecke. Das hatte die Bundeskanzlerin am Freitag erklärt: Dazu habe sie sich bereits beim Amtsantritt 2005 entschieden: "Ansonsten sind die Aufspaltung zwischen dem, was Partei- und Regierungshandeln ist, oft sehr, sehr schwer zu treffen", erklärte Merkel. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" verfügte das Gerät, das sie bis vor kurzem benutzte, über keine spezielle Verschlüsselungstechnik.

Es war kein Mobilfunkgerät mit Kryptotechnik. Nach Angaben eines Sprechers der Bundesregierung verstößt die Kanzlerin jedoch nicht gegen die Dienstvorschrift des Innenministeriums: "Die Bundeskanzlerin beachtet, soweit sie mit Inhalten von Verschlusssachen befasst ist, strikt die bestehenden Regelungen und kommuniziert nicht über offene Verbindungen", erklärte der Sprecher auf Anfrage. "Das von der `Welt am Sonntag` zitierte Verbot (Abs 3) will die Verschlusssachen vor Vervielfältigung oder unbefugter Weitergabe mit technischen Gerät möglichst umfassend schützen."

CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl nahm die Bundeskanzlerin in Schutz. "Die Kanzlerin könnte ihr mörderisches Arbeitspensum nicht schaffen, wenn sie beim Telefonieren jedes Mal den sichersten Weg wählen würde. Bequemlichkeit und Schnelligkeit haben deshalb verständlicherweise Vorrang vor Sicherheitsaspekten", sagte Uhl der "Welt am Sonntag".

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben die Kanzlerin und andere Regierungsvertreter nach Informationen der "Welt am Sonntag" mehrfach darauf hingewiesen, dass vertrauliche Kommunikation ausschließlich über Handys mit verschlüsselter Technologie erfolgen sollte. Dass die Kanzlerin trotzdem überwiegend mit einem ungesicherten Handy telefonierte, ist von den Sicherheitsbehörden geduldet worden. "Niemand kann der Kanzlerin vorschreiben, wie sie kommunizieren soll. Das entscheidet am Ende sie", sagte ein Nachrichtendienstler der "Welt am Sonntag". Aus dem Umfeld der Kanzlerin hieß es: "Man kann ihr einmal etwas empfehlen, aber nicht dreimal." Nach Recherchen der "Welt am Sonntag" waren die Gespräche, die Merkel unverschlüsselt über ihr Handy führte, besonders leicht mitzuhören gewesen. So reicht bereits der Einsatz eines sogenannten "IMSI-Catchers" aus, den es für weniger als 1.500 Euro zu kaufen gibt. Ein solcher "IMSI-Catcher" gibt sich dabei als Funkmast aus und bringt mit einem starken GSM-Signal Mobiltelefone dazu, sich bei ihm einzuloggen. "GSM ist sehr leicht zu knacken", sagte Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik der "Welt am Sonntag". IMSI-Catcher könnten sogar Hobbyfunker anwenden, erklärte Dickow. "Sie sind natürlich in Deutschland für den privaten Gebrauch verboten. Aber wenn man basteln kann und ausreichend Ahnung von Mobilfunktechnik hat, kann man sie zusammenbauen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 27.10.2013

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