Biedenkopf: Schuldenkrise stellt Umgang mit der Demokratie auf den Prüfstand

Bei der Bewältigung der Euro-Schuldenkrise steht nach Einschätzung von Kurt Biedenkopf nicht die Demokratie auf dem Prüfstand, sondern die Art, mit ihr umzugehen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" (Montagsausgabe) schreibt der frühere sächsische Ministerpräsident und CDU-Generalsekretär: Seit Jahren seien die Eliten davon überzeugt, "regieren in der Demokratie sei nur bei angemessenem und nachhaltigen Wachstum möglich, denn nur so lasse sich der soziale Frieden bewahren". Die Elite sehe sich daher berechtigt, "die Zukunft zu verpfänden, um Wachstum zu fördern". Zu der akuten Krise der Europäischen Währungsunion schreibt Biedenkopf: "Die Eurostaaten waren unfähig, ihre finanziellen Ansprüche an die Kreditmärkte auf das Maß ihrer Leistungsfähigkeit zu begrenzen."

Da dies auch künftig nicht zu erwarten sei, bräuchten die Staaten eine gemeinsame Institution, die sie bei ihren Anstrengungen unterstützt. Biedenkopf plädiert für eine eigenständige Finanzagentur: "Als unabhängige Institution ist sie durch die Verträge und das Europaparlament legitimiert. Sie sorgt für finanzpolitische Stabilität und überwacht die Stabilitätspolitik der Währungsgemeinschaft."

Die Finanzagentur würde die nationale Souveränität der Mitgliedstaaten begrenzen. Dies ist Ausdruck der Fortentwicklung der politischen Integration Europas durch die Währungsgemeinschaft. Unberührt bliebe aber das Recht der nationalen Parlamente, über ihre staatlichen Einnahmen zu verfügen.

Eine Erweiterung des Kreditvolumens soll dagegen nur mit Zustimmung der Finanzagentur zulässig sein. Die Haftung für die Geldaufnahme liege primär bei den Mitgliedsstaaten, die Währungsgemeinschaft könne allenfalls subsidiär tätig werden. Das System soll mit scharfen Sanktionen ausgestattet werden, so Biedenkopf: "Überschreitet ein Mitgliedsland die durch die Finanzagentur begrenzte Kreditaufnahme, entfällt die Haftung der Gemeinschaft. Die zur Finanzierung ausgegebenen Staatspapiere des Mitgliedslandes dürfen nicht durch die EZB übernommen werden. Und seine finanzpolitische Souveränität endet mit seiner Zahlungsfähigkeit."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 13.11.2011

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