Britischer Europaminister fordert rote Karte gegen Brüssel

Der britische Europaminister David Lidington hat mehr Kontrollmöglichkeiten der nationalen Parlamente über die EU-Kommission gefordert.

London (dts Nachrichtenagentur) - "Wir haben ja im Lissaboner Vertrag das Prinzip der gelben Karte", sagte Lidington der "Welt". "Vielleicht sollten wir die Schwelle für nationale Parlamente, um gegen Brüsseler Initiativen vorgehen zu können, niedriger ansetzen; vielleicht sollten wir auch das Prinzip der roten Karte einführen, damit eine bestimmte Anzahl nationaler Parlamente Initiativen der Kommission blockieren können." In der Vergangenheit habe es mehrfach Fälle gegeben, "in denen Vertragsinhalte auf eine Weise interpretiert wurden, die vorher so nicht gewollt oder erwartet worden waren, als die Vertragsveränderungen beschlossen wurden. Manchmal versuchen die EU-Kommission oder das EU-Parlament, die Grenzen ihrer Kompetenzen auszuweiten." Für Großbritannien sei es wichtig, dass die EU innerhalb der ihr gesetzten Grenzen bleibe. Großbritannien wolle, dass "Europa sich weniger einmischt, dass es weniger zentralisiert ist und weniger bürokratisch und dass es rechenschaftspflichtiger wird."

Dann, so Lidington, gäbe es auch eine Chance, dass die EU bei einem Referendum auf der britischen Insel über den Verbleib innerhalb der EU auch die Zustimmung eines sehr großen Teils der Öffentlichen Meinung bekomme. Ein "weiter so!" könne es jedenfalls angesichts der zunehmenden Desillusionierung in Sachen EU in fast allen der 27 Mitgliedsländern nicht geben. Europa müsse sich reformieren, um wettbewerbsfähiger zu werden und gegenüber den USA und den aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien und Lateinamerika bestehen zu können.

Lidington machte auch deutlich, dass London sich keinesfalls in allen Bereichen gegen mehr Integration in Europa sträube. Er beklagte etwa, dass der Binnenmarkt im Bereich Dienstleistungen "schmerzlich unterentwickelt" sei und mahnte in diesen Feldern eine Weiterentwicklung an und forderte einen gemeinsamen europäischen Digitalmarkt. Der Minister mahnte aber auch einen gemeinsamen Binnenmarkt in den Bereichen Transport und Energie an.

Lidington forderte Deutschland und Frankreich auf, diese Märkte für Wettbewerb aus anderen EU-Ländern zu öffnen. "Ich freue mich auf den Tag, an dem wir so europäisch geworden sind, dass eine britische Firma ein deutsches Bahnunternehmen kaufen kann oder eine französische Stromfirma", sagte Lidington der "Welt".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 17.05.2013

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