Bundesregierung schützte angeblich Gaddafi-Sohn Saif al-Arab

Wegen der Ermittlungen gegen den Gaddafi-Sohn Saif al-Arab hat die Bundesregierung angeblich mehrmals indirekt Einfluss auf die bayerische Landesregierung genommen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das meldet der "Spiegel". Sowohl das Auswärtige Amt (AA) als auch der Bundesnachrichtendienst (BND) hätten signalisiert, dass allzu intensive Nachforschungen diplomatische Probleme nach sich ziehen könnten, heißt es in Berlin. Das AA hatte das Justizministerium in München allein 2010 fünfmal über die deutsch-libyschen Beziehungen unterrichtet und sich dabei jedes Mal nach den Ermittlungen gegen Gaddafi erkundigt.

Die bayerische Behörde wurde aufgefordert, dem AA ihrerseits Bericht zu erstatten. Zwischen 2006 und 2010 hatte die Polizei in insgesamt elf Fällen gegen Saif al-Arab ermittelt, unter anderem wegen Waffenhandels, einer Prügelei, Fahrens ohne Führerschein und Beleidigung von Polizisten; er hatte zeitweilig in der bayerischen Landeshauptstadt studiert. Intern sollen sich Polizeibeamte mehrmals darüber beschwert haben, eine Einflussnahme des BND habe ihre Ermittlungen blockiert.

Man sei jedes Mal an einem "bestimmten Punkt" nicht weitergekommen. Das bayerische Innenministerium hatte demgegenüber erklärt, von einer Einmischung des BND sei nichts bekannt. Das AA wollte Saif al-Arab keinen Diplomatenstatus zuerkennen, der ihm Immunität garantiert hätte, hatte aber andererseits Sorge vor einer Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen.

Die Bundesregierung fürchtete, dass intensive Ermittlungen in München auch deutsche Geschäftsleute im Ausland gefährden könnten, ähnlich wie Muammar al-Gaddafi in einem vergleichbaren Streit mit der Schweiz verfahren war. Der BND wollte eine Verschlechterung der nachrichtendienstlichen Beziehungen vermeiden. Gaddafi hatte 2000 nach intensiven Verhandlungen die Freilassung der auf Jolo entführten Göttinger Familie Wallert erreicht.

Die bayerischen Ermittlungen waren mehrmals auch Thema in der nachrichtendienstlichen Runde im Kanzleramt. Vor kurzem hat die Nürnberger Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen einen Münchner Oberstaatsanwalt aufgenommen. Ihm wird Strafvereitelung im Amt vorgeworfen, da er die libysche Botschaft in Berlin 2007 vor einer bevorstehenden Wohnungsdurchsuchung beim Gaddafi-Sohn informiert haben soll.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 01.10.2011

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