Bundestagsvizepräsidentin Pau warnt vor Vorverurteilung Lammerts

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) warnt vor Vorverurteilungen von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) aufgrund des Plagiatsverdachts.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Mit Vorwürfen gegen ihn sollte man sich zurückhalten, bis die Prüfung, die er selbst beantragt hat, abgeschlossen ist", sagte Pau der "Welt". "Ich habe Norbert Lammert als einen Präsidenten kennengelernt, der für die Rechte des Bundestags streitet, wenn andere sich vorbeimogeln wollen, der solidarisch hilft und obendrein mit Humor entspannen kann." Zurückhaltung fordern auch bildungspolitische Sprecher der Parteien.

"Es darf keine Vorverurteilungen geben", sagte Ernst Dieter Rossmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion der "Welt". "Herr Lammert ist ein kluger Mann und hat in dieser Situation das einzig Richtige getan, indem er die Hochschule um eine Prüfung gebeten hat." Rossmann sieht Politiker im Zuge der Plagiatsvorwürfe zuletzt nicht an einen Pranger gestellt: "In den vergangenen Jahren sehe ich nicht, dass in einem Übermaß Politiker für unsauberes wissenschaftliches Arbeiten denunziert wurden oder falsche Anschuldigungen in die Welt gesetzt wurden", sagte Rossmann der "Welt".

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Meinhardt, kritisiert, dass solche Vorwürfe erneut anonym erhoben wurden: "Ich halte es für nicht mehr erträglich, dass immer wieder anonym Vorwürfe im Netz erhoben werden", sagte Meinhardt. Wer meine, etwas zu sagen zu haben, solle dies mit "Gesicht und Namen" tun. "Anonym Vorwürfe zu erheben hat für mich nichts mit politischer Kultur zu tun."

Krista Sager, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sagte: "Es ist richtig, dass die Uni Bochum die Doktorarbeit von Herrn Lammert überprüft und den Hinweisen nachgeht, auch wenn diese anonym im Internet veröffentlicht wurden." Die Prüfung der Uni müsse abgewartet werden. "Es ist vernünftig, dass Herr Lammert deutlich gemacht hat, dass auch er an einer Klärung der Vorwürfe interessiert ist."

Manuel René Theisen, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Plagiatsexperte, sieht Lammert hingegen in Erklärungsnot. Theisen sagte der "Welt": "Wenn die Vorwürfe stimmen - und davon gehe ich aus, dann sind das Verstöße, die über eine einfache Schlamperei hinausgehen." Wer Sekundärhinweise übernehme oder Titel aufführe, die es gar nicht gibt, mache nicht nur Flüchtigkeitsfehler. "Die Universität prüft nun zu Recht, ob der Doktortitel entzogen werden muss."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 30.07.2013

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