Bundeswehrsoldaten müssen länger und häufiger in Einsätze als vorgesehen

Bundeswehrsoldaten müssen länger und häufiger in Einsätze, als vom Verteidigungsministerium vorgesehen_ Während in den Leitlinien zur Bundeswehrreform eine Einsatzzeit von vier Monaten samt 20 Monaten Regenerationszeit vorgegeben ist, wird in einer hohen Zahl von Fällen dagegen verstoßen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) vorliegt. Demnach wurde zwischen Januar 2010 und Anfang Dezember 2012 in etwa einem Viertel der Fälle die Einsatzdauer von vier Monaten überschritten. Bei Soldaten, die nach einem ersten Einsatz von mindestens vier Monaten nochmals in den Einsatz gingen, wurde dazwischen nur in der Hälfte der Fälle (50,7 Prozent) die Regenerationszeit von 20 Monaten eingehalten.

Besonders beansprucht ist der Auswertung zufolge das Heer. Hier wurden die vier Monate nur in 61,2 Prozent der Fälle eingehalten. Bei den zum Heer gehörenden Gebirgsjägern wurde sogar in knapp 70 Prozent der Fälle die Einsatzzeit von vier Monaten überschritten, während bei Gebirgsjägern mit mehr als einem Einsatz die sich anschließende Regenerationszeit in mehr als drei Vierteln der Fälle kürzer als die angestrebten 20 Monate war.

"Theorie und Praxis der Einsatzsystematik liegen zu Lasten der Soldatinnen und Soldaten weit auseinander", sagte der Grünen-Abgeordnete Nouripour der SZ. "Dabei ist längst bekannt, dass bei längerer Einsatzdauer die Gefahr psychischer Krankheiten massiv steigt." Sein Fazit: "De Maizières Bundeswehrreform ist auch in puncto Entlastung gescheitert." Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sagte: "Diese Zahlen bestätigen den Befund meines Jahresberichts."

Die Erwartung an die Neuausrichtung, "dass die Streitkräfte einsatzfähiger, leistungsstärker und effizienter werden, bestätigt sich leider nicht". Gerade für Spezialisten seien "vielfach die Grenzen der Belastbarkeit erreicht". Auch vom Bundeswehrverband kam Kritik.

"Diese Daten decken sich mit unseren Erkenntnissen", sagte der Vorsitzende Ulrich Kirsch. Die "riesige Belastung" gefährde "gerade jetzt in der Phase des Übergangs das Erreichen der Ziele der Neuausrichtung". Die Bundeswehr sei darüber hinaus "mit den vielen Einsätzen überdehnt". Thomas Kossendey (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, betonte hingegen, die Zahlen belegten, "dass der planerischen Zielvorgabe einer Einsatzdauer von vier Monaten bereits heute überwiegend Rechnung getragen wird". Es sei vorgesehen, zwischen 2014 und 2016 die "Anzahl verfügbarer Kräfte für den Einsatz" zu erhöhen und die "Durchhaltefähigkeit" zu steigern. So werde sich "die Einhaltung der Einsatzsystematik weiter verbessern". Bis dahin könne es "in einzelnen Bereichen" zu "Abweichungen vom Einsatzrhythmus" kommen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.06.2013

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