CDU und Grüne kritisieren Reitzle-Vorstoß zu Euro-Austritt

Linde-Chef Wolfgang Reitzle hat für seine Überlegungen zu einem möglichen Euro-Austritt Deutschlands deutliche Kritik von Union und Grünen geerntet.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die Gedankenspiele seien "theoretischer Natur", denn Reitzle wäre von den von ihm selbst beschriebenen Folgen "sicherlich nicht mit der Wucht betroffen, wie es der weitaus größte Teil unserer Bürger wäre", sagte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, der Onlineausgabe des "Handelsblattes". "Und Herr Reitzle müsste für eine solche Entscheidung auch nicht die Verantwortung tragen, wenn ein Wiedererstarken doch länger dauert, als sich das Herr Reitzle vorgestellt hat." Gleichwohl, fügte der CDU-Politiker hinzu, stimme er mit dem Linde-Chef darin überein, dass es sicher nicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) liege, die Krise zu bewältigen, sondern bei den betroffenen Ländern.

Harsche Kritik an dem Reitzle-Vorstoß äußerte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold. "Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft sollten nicht über das Ende des Euros spekulieren", sagte Giegold. "Es wäre konstruktiver, ihren Einfluss auf die Bundesregierung zu nutzen, um ihre Politik nationaler roter Linien endlich zu überwinden."

Zwar sei nicht ausgeschlossen, dass die deutsche Exportwirtschaft auch eine kräftige Währungsaufwertung "irgendwann" verdauen könne. "Politisch wäre eine Spaltung des Euros jedoch ein riesiger Rückschritt in der Europäischen Integration", warnte der Grünen-Politiker. "Das ist weder ökonomisch noch zur demokratischen Gestaltung der Globalisierung wünschenswert."

Reitzle hatte als erster Chef eines Dax-Konzerns einen möglichen Austritt Deutschlands aus dem Euro-Raum ins Gespräch gebracht. Er glaube zwar, dass die Rettung des Euro gelingen könne, aber er sei "nicht der Meinung, dass der Euro um jeden Preis gerettet werden muss", sagt Reitzle in einem Interview. Der Linde-Chef fürchtet, dass der Reformwille in den Krisenländern nachlasse, wenn die EZB eingreife.

Und "wenn es nicht gelingt, die Krisenländer zu disziplinieren, muss Deutschland austreten".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 15.01.2012

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