Carstensen fordert von CDU-Spitze stärkere Führung in EU-Politik

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat die CDU-Spitze aufgefordert, stärker in der Europapolitik zu führen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "In einer solchen Krise dürfen wir keine Diskussionen offen lassen, sondern müssen zeigen, wohin es gehen muss und erklären, warum es dort hingehen muss", sagte Carstensen dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe). Ansonsten würde Populisten Vorschub geleistet. "Wir müssen zuhören und auch ein Ohr an den Stammtische haben, sicher. Aber wir haben auch auf die Stammtische einzuwirken. Das gehört zur Führung." Carstensen verwies auf die Erfolge der europäischen Einigung.

"Vieles ist so selbstverständlich, dass niemand mehr darüber nachdenkt. Daran müssen wir erinnern, wenn einige meinen, sie müssten Europa infrage stellen", sagte Carstensen. Er forderte "wieder Leidenschaft für die europäische Idee", auch wenn dies angesichts der Verschuldungskrise nicht einfach sei.

Trotz etlicher europakritischer Anträge auf dem Parteitag zeigte er sich zuversichtlich, dass der Kurs von Kanzlerin Angela Merkel gestützt werde. "Die CDU ist und bleibt die Europapartei", sagte Carstensen. Europa werde künftig "viel enger" zusammen arbeiten.

"Daran zeigt sich, dass die Debatte von einst nicht richtig war, Europa nach der Zahl seiner Mitglieder zu definieren. Wir brauchen ein Europa der Qualität, nicht ein Europa der Quantität." Einen allgemeinen Mindestlohn, wie ihn der Arbeitnehmerflügel auf dem Parteitag durchsetzen möchte, lehnte Carstensen ab. "Ich bin gegen einen flächendeckenden Mindestlohn, weil er die regionalen Unterschiede nicht berücksichtigt." Er unterstützte damit die Forderung von Parteichefin Angela Merkel, differenzierte Mindestlöhne einzuführen. Schleswig-Holstein sei im Westen das Land mit dem größten Anteil von Niedriglohnbeziehern, allerdings seien auch die Lebenshaltungskosten niedriger als etwa in München. "Das darf nicht außer Acht gelassen werden", sagte Carstensen. Auch dürfe die Politik nicht die Lohnuntergrenze festgelegen. "Das ist Sache der Tarifpartner." Grundsätzlich sei es richtig, mit einem Beschluss "die Debatte um den Mindestlohn endlich zu beenden". Carstensen kündigte an, dass sein Land im Bundesrat jede Steuersenkung zu Lasten der Bundesländer ablehnen wird. "Eine Steuerentlastung aus politischen Gründen gibt es mit Schleswig-Holstein nicht." Dazu gehöre die geplante Minderung der kalten Progression im Steuersystem, wie es die FDP durchgesetzt hat. "Die Verpflichtung des Bundesverfassungsgerichts, den Grundfreibetrag anzuheben, werden Bund und Länder aber gemeinsam umsetzen. Daran besteht kein Zweifel." Wenn die Koalition in Berlin dies trotzdem wolle, "dann muss der Bund die Kosten allein tragen".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 13.11.2011

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