Chodorkowski: Einigung mit Russland in Ukraine-Krise ausgeschlossen

Der ehemalige russische Oligarch Michail Chodorkowski warnt die Europäische Union und die Vereinigten Staaten davor, auf langfristige Abkommen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine-Krise zu setzen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Wenn jemand im Westen sagt, dass man mit dem heutigen Regime im Kreml eine langfristige Vereinbarung erreichen kann, dann ist er entweder dumm oder ein Betrüger", sagte Chodorkowski in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Die Hoffnung auf eine verlässliche Einigung sei illusorisch, weil die Führung unberechenbar sei. "Putin hat die staatlichen Institutionen zerstört. Das hat dazu geführt, dass es in Russland keinerlei gegenseitige Kontrolle der Verfassungsorgane mehr gibt, keinerlei Gewaltenteilung." Chodorkowski hält es für unwahrscheinlich, dass der Konflikt in der Ostukraine bald gelöst wird. "Putin wird alles dafür tun, damit die bewaffneten russischen Bürger so lange wie möglich in der Ostukraine bleiben", sagte der Bürgerrechtler, der nach seiner Freilassung aus dem russischen Gefängnis in der Schweiz lebt.

Eine Rückkehr der Kämpfer in der Ostukraine nach Russland sei gefährlich für das Putin-Regime. Dort sei sich "eine Armee von National-Chauvinisten" entstanden, die immer mehr Anhänger in Russland finde. Andererseits rechnet der 51-Jährige aber auch nicht damit, dass die Separatisten ihr Machtgebiet noch erheblich erweitern werden.

"Putin will keine ständige Eskalation", sagte Chodorkowski. "Für seinen Machterhalt wäre ein eingefrorener Konflikt gut. Der hält seine Kräfte in der Ostukraine beschäftigt, ohne dass sie größer werden."

Auch das Scheitern des demokratischen Experiments in der Ukraine gehöre zu Putins Prioritäten, da ein Erfolg der dortigen Regierung zum Reformmodell für Russland werden könnte. Chodorkowski, der die russische Opposition unterstützt, hält einen friedlichen Machtwechsel in seiner Heimat für kaum möglich. "Der Regimewechsel wird nicht ohne Blut erfolgen", sagte er im Interview. Tausende Menschen würden bereits jetzt verstehen, dass sie nach dem Machtwechsel für ihre Taten persönlich zur Verantwortung gezogen würde.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 10.05.2015

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