DIW fordert Banklizenz für den Euro-Rettungsschirm EFSF

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich zur Abwehr einer weiteren Verschärfung der europäischen Schuldenkrise dafür ausgesprochen, den Euro-Rettungsschirm EFSF mit einer Banklizenz auszustatten.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "In den letzten Wochen scheinen die Kapitalmärkte ein "Doomsday"-Szenario nicht mehr auszuschließen, in dem die Volkswirtschaften abrupt in eine Rezession fallen, da der Interbankenmarkt zusammenbricht und die öffentliche Verschuldung weiter wächst", schreibt Ansgar Belke, Forschungsdirektor für internationale Makroökonomie am DIW in Berlin, in einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online". "Um nur die schlimmsten denkbaren Szenarien zu umgehen, wäre eine Option, dem Euro-Raum eine groß angelegte Liquiditätsspritze zu geben." Dies solle aber nicht in einem massiven Anstieg des EFSF-Umfangs geschehen.

"Vielmehr könnte der EFSF mit einer Banklizenz Zugang zur Refinanzierung bei der EZB als Lender-of-last-resort ("Kreditgeber der letzten Zuflucht") erhalten." Als Sicherheiten würden nach Belkes Vorstellung Anleihen der Länder wie Italien dienen, "die zur Abwehr einer sich selbst verstärkenden Vertrauenskrise Liquiditätsinjektionen benötigen, aber keineswegs wie Griechenland nahezu insolvent sind." Der EFSF würde damit endgültig in einen Europäischen Währungsfonds umgewandelt werden, schreibt der DIW-Ökonom.

Statt über die Notenpresse könne die Hebelung aber auch dadurch erfolgen, das der Fonds die notleidenden Anleihen nicht kauft, sondern deren Rückzahlung zu einem Teil garantiert. "Institutionell ist diese Lösung dem Status quo der uneingeschränkt Staatsanleihen ankaufenden EZB überlegen, da es im EZB-Rat keine Repräsentanz des europäischen Steuerzahlers gibt, die dessen Interessen vertreten könnten." Belke hält diesen Schritt für rechtlich unbedenklich.

Die EU-Verträge könnten "mit der Vergabe einer Banklizenz an den EFSF als "öffentliche Bank" durchaus kompatibel sein", schreibt er. "Allerdings müsste diese Lösung gegen die kurzfristigen Interessen der deutschen Regierung durchgesetzt werden." Der Vorschlag Belkes ist Teil eines Zehn-Punkte-Plans zur Absicherung des Euros gegen Krisen, den der DIW-Forschungsdirektor exklusiv für "Handelsblatt-Online" erarbeitet hat.

Darin spricht Belke sich auch für eine geordnete Umschuldung Griechenlands mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent aus. Er plädiert zudem dafür, Krisenbanken vorübergehend zu verstaatlichen. Belke hält es überdies für dringend gebot, dass die politische Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) wiederhergestellt wird, nachdem sich die EZB - ohne wirklich über das entsprechende Mandat zu verfügen - in den letzten Monaten mehr und mehr bei den Rettungspaketen für die einzelnen Länder engagiert hat. "Es bleibt abzuwarten, ob der designierte EZB-Chef Mario Draghi die Überzeugung und die Autorität haben wird, sich gegen Paris, Berlin und Rom durchzusetzen. Aber die Zukunft des Euro könnte davon abhängen", ist der DIW-Experte überzeugt.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 30.09.2011

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