Debatte um Papstrede: Oppositionspolitiker mahnen Innenminister zu Zurückhaltung

Politiker von SPD und Grünen haben die Kritik von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an Parlamentariern, die der Papstrede im Bundestag fernbleiben wollen, scharf zurückgewiesen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Es ist nicht Aufgabe von Mitgliedern der Bundesregierung, Mitgliedern des Bundestages Verhaltenshinweise zu geben", sagte SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy "Handelsblatt" Online. "Der Papst ist zwar offizieller Gast des Bundestages, daraus ergibt sich aber keine Pflicht frei gewählter Abgeordneter, seiner Rede beizuwohnen." Er selber werde aus "persönlichem Höflichkeitsempfinden" im Plenarsaal sein, sagte Edathy.

Er habe aber Respekt davor, dass manche Abgeordnete sich aus anderen Motiven anders verhalten wollten. Mit Blick auf Friedrich fügte der SPD-Innenpolitiker hinzu: "Pharisäerhafte Kritik wäre übrigens zutiefst unchristlich." Ähnlich äußerte sich der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck.

"Ich verstehe den Zinnober um die Kritik an der Papstrede nicht. Herr Friedrich sollte mal einen Gang herunterschalten", sagte Beck "Handelsblatt" Online. Die Grünen würden dem Bischof von Rom morgen mit dem notwendigen Respekt begegnen.

"Abgeordnete, die ihren Respekt mit ihrer Abstinenz ausdrücken wollen, dürfen das. Das gehört zur Freiheit des Mandates und ist zu respektieren", betonte Beck Zugleich erinnerte Beck den Innenminister an den Fall Erika Steinbach, die im vergangenen Jahr in der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus bei der Rede des polnischen Historikers Feliks Tych den Plenarsaal verlassen hatte. Damals habe er keine Kritik aus der Union gehört, obwohl das ein "ungeheuerlicher Vorgang" gewesen sei.

"Wer dazu geschwiegen hat und jetzt kritisiert, zeigt wes Geistes Kind er ist", so Beck. Friedrich hatte mit Blick auf einzelne Parlamentarier, die der Papstrede fernbleiben wollen, gesagt, dies zeige "eine Mischung aus Hochmut und Kleingeist, aus Provinzialität und Überheblichkeit". Rund 100 Abgeordnete von Linken, SPD und Grünen wollen die Papstrede boykottieren - insbesondere weil sie die religiöse Neutralität des Staates verletzt sehen. Für Kritik sorgen auch die kirchliche Sexuallehre und der Ausschluss von Frauen von Kirchenämtern.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.09.2011

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