EKD-Ratschef: Für Luthers Judenhass kann man sich nur schämen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat die Judenfeindschaft Martin Luthers als unerträglich und für Protestanten beschämend bezeichnet.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Wir müssen Luthers Judenhass als das benennen, was es ist: Eine unerträgliche Form der Missachtung einer anderen Religion, wofür man sich nur schämen kann", sagte Bedford-Strohm im Interview mit der "Welt". Daher könne es beim 500. Reformationsjubiläum 2017 "nicht um Heldenverehrung gegenüber Luther" gehen. "Vielmehr müssen wir die von Luther neu entdeckte, kraftvolle Botschaft wiederum für uns neu entdecken, in Luthers Tradition und zugleich im Wissen um die Irrtümer Luthers. Diese Irrtümer hat man als solche zu benennen, statt sie als kleine Fehler zu verharmlosen." Daraus habe die evangelische Kirche theologische Konsequenzen gezogen, bei denen sie sich von Luther auch entferne. Es handele "sich um eine klare Weiterentwicklung der lutherischen Theologie", wenn die Protestanten heute zu einer andern Einschätzung als der Reformator kommen: "Der neue Bund, für den Jesus Christus steht, ersetzt eben nicht den alten Bund Gottes mit dem Volk Israel", sagte Bedford-Strohm.

Der bayerische Landesbischof plädierte darüber hinaus mit Blick auf die biblische Weihnachtsgeschichte für eine positive Sicht auf die Jungfrau Maria. Maria könne "keineswegs auf die Jungfrauengeburt reduziert" werden, sagte Bedford-Strohm und fügte hinzu: "Ich kenne viele evangelische Christen, zumal Frauen, die sehr genau auf Maria als Powerfrau schauen." In dem Interview wandte sich Bedford-Strohm gegen die verbreitete Kritik an jenen Kirchenmitgliedern, die nur zu Weihnachten einen Gottesdienst besuchen.

"Ich halte nichts von einer Diffamierung der angeblichen `Weihnachtschristen`. Die Leute wissen genau, warum sie in die Kirche gehen. Sie spüren, wohin sie gehen müssen, wenn sie über ihre aktuelle Situation hinaus nach vorn schauen wollen."

Man sollte es daher "nicht schlechtmachen, dass Menschen zu Weihnachten eine tiefe Sehnsucht nach Frieden und Konfliktüberwindung auch im persönlichen Leben mit in die Kirche bringen". Für diese Sehnsucht sei die Kirche der richtige Ort, "weil dort eine wunderbare Botschaft zu hören ist von einem kleinen Kind, von einem Menschen, der dann am Kreuz stirbt und wieder auferweckt wurde". Dies zeige, "dass Gott diese Welt nicht allein lässt und Gewalt nicht das letzte Wort hat", sagte Bedford-Strohm der "Welt".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.12.2014

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