EU-Gipfel-Beschlüsse spalten die Ökonomen

Die Beschlüsse des EU-Gipfels aus der vergangenen Woche haben einen heftigen Streit unter prominenten deutschsprachigen Ökonomen ausgelöst.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Auf einen offenen Brief von 160 Wirtschaftswissenschaftlern, in dem diese vor allem den Schritt in die Bankenunion kritisiert haben, reagierten Ökonomen unterschiedlichster Denkrichtungen mit einer kritischen Stellungnahme, die dem "Handelsblatt" vorliegt (Freitagausgabe). Zu den Autoren dieses Schreibens zählen der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrates Bert Rürup, der Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, und der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn. Die Öffentlichkeit sei durch Sorgen und Ängste geprägt, die sich mehr aus unbestimmten Gefühlen als aus sachlichen Informationen speisen, heißt es in der Stellungnahme.

"In einer solchen Situation kann es nicht die Aufgabe von Ökonomen sein, mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und in einer von nationalen Klischees geprägten Sprache die Öffentlichkeit durch einen Aufruf weiter zu verunsichern." In dem Text der 160 Fachkollegen würden insbesondere Ängste und Emotionen vor einer Bankenunion geschürt, ohne dass dies mit den erforderlichen Fakten unterlegt werde. "Die Gipfelbeschlüsse lassen diese Dramatisierung definitiv nicht zu", schreiben Rürup und Co.

Der Öffentlichkeit, die nach Orientierung verlange, und der Politik, die in schwierigen Entscheidungssituationen Kurs zu halten suche, werde mit dem Aufruf nicht geholfen, heißt es in der Stellungnahme. "Wirtschaftswissenschaftler", so die Forderung, "sollten vielmehr bereit sein, mit konstruktiven Lösungsvorschlägen ihre Bringschuld gegenüber Gesellschaft und Politik zu erfüllen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 06.07.2012

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