EU-Versicherungsaufseher will bei Stresstests keine Einzelergebnisse veröffentlichen

Der oberste EU-Versicherungsaufseher Gabriel Bernardino hat seine Haltung verteidigt, bei den Stresstests der Versicherungen keine Einzelergebnisse zu veröffentlichen.

Brüssel (dts Nachrichtenagentur) - "Ich will nicht einzelne Unternehmen an den Pranger stellen", sagte Bernardino der Tageszeitung "Die Welt" (Freitagausgabe). "Das macht keinen Sinn. Insbesondere, da der Stresstest auf einer Regulierung basiert, die derzeit noch definiert wird. Dadurch würde das Ergebnis falsch interpretiert werden", sagte er in seinem ersten Interview mit einem deutschen Medium. Er warnte davor, dass bei Einzelnennungen die Unternehmen im Vorfeld der Tests "größtes Interesse" daran hätten, "auf die Tests Einfluss zu nehmen." Die Unternehmen würden versuchen, "die Szenarien so weit aufzuweichen, bis alle gut dastehen."

Eine direkte Parallele zu den Bankenstresstests wollte Bernardino nicht ziehen, da diese in einer anderen Situation seien. Während die Kapitalvorschriften der Banken in Frage gestellt wurden, sei das bei den Versicherern nicht der Fall gewesen. Die europäische Schuldenkrise sieht der Aufseher mit Sorge.

Sie sei eine der "Hauptrisiken für die europäische Versicherungsbranche". Isoliert betrachtet sei eine Umschuldung Griechenlands für die Branche kein Problem. Auch die Ansteckungsgefahr sei gering, da zwischen Versicherungen weniger Querverbindungen bestehen als bei Banken.

Im Zusammenhang mit der europäischen Schuldenkrise kritisierte Bernardino die Rolle der Ratingagenturen. "Wir verlassen uns zu stark auf das Urteil der Ratingagenturen. Ihre Rolle sollte bei den zukünftigen Kapitalvorschriften für Versicherer abnehmen. Ich plädiere dafür, in Zukunft den internen Ratings stärkeres Gewicht zu verleihen." Eine der wichtigsten Aufgaben der Eiopa ist es, die neuen Kapitalvorschriften ("Solvency II") einzuführen. Bernardino bestreitet nicht, dass die neuen Kapitalvorschriften zu weiteren Konsolidierungen in der Branche führen. Zusammenschlüsse seien jedoch ein genereller Trend. "Dabei sind die neuen Kapitalvorschriften nicht der einzige Treiber." Sorgen um die deutsche Lebensversicherung macht sich der Aufseher nicht: "Die Lebensversicherung stirbt nicht aus." Allerdings müssten die Garantien verändert werden, das sei ganz im Sinne der Konsumenten.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 15.07.2011

Zur Startseite