Europol-Chef warnt vor digitalen Hintertüren für Geheimdienste

Der Chef der europäischen Polizeibehörde Europol, Rob Wainwright, warnt vor technischen Hintertüren für Geheimdienste.

Den Haag (dts Nachrichtenagentur) - Im Gespräch mit "SZ.de" sagte der Europol-Chef, das grundsätzliche Ziel müsse sein, die digitale Infrastruktur der Nutzer zu schützen. "Auch wenn man es gut meint: In dem Moment, in dem man eine Vorder- oder Hintertür einbaut, ist da der Fakt, dass diese Tür auch für nicht erwünschte Personen offenstehen wird." Mit Vorder- und Hintertüren wird das technische Aushebeln von Sicherheitsvorkehrungen bezeichnet, die Firmen für den Schutz von Nutzerdaten treffen.

Steht diese Tür offen, können vermeintlich sichere Daten ausgelesen werden - von jeder Person, die Kenntnis über diese Tür hat. Wainwright stellt sich damit gegen einen Vorschlag des NSA-Chefs Michael Rogers. Dieser hatte vorgeschlagen, "Vordertüren" zu installieren.

Dabei wird der Schlüssel, mit dem ein Endgerät wie zum Beispiel ein Smartphone verschlüsselt wird, in Einzelteile zerlegt. Diese Einzelteile werden dann an verschiedene Behörden und Unternehmen verteilt. Um die Daten auslesen zu können, müssen alle Parteien zustimmen, die über diese Teilschlüssel verfügen - zum Beispiel der Hersteller des Smartphones und der Geheimdienst.

Alleingänge sind somit unmöglich. Ausgelöst wurde die Debatte durch die Ankündigung Apples, das eigene Betriebssystem verschlüsseln zu wollen. Die US-Bundespolizei FBI verurteilte diesen Schritt und warnte davor, Verbrechen nicht adäquat aufklären zu können.

Auch die Politik beteiligt sich an der Debatte. Der britische Premierminister David Cameron kündigte an, Chat-Apps verbieten zu wollen, bei denen die Kommunikation verschlüsselt wird. Davon betroffen wäre auch das zu Facebook gehörende Unternehmen Whatsapp, das in Deutschland mehr als 30 Millionen Menschen nutzen, berichtet "SZ.de". Der Europol-Chef findet auch an diesem Vorschlag keinen Gefallen. "Das ist in etwa so, als ob wir sagen würden: Kriminelle benutzen Telefone, verbieten wir Telefone. Das sagen wir aber nicht. Wir haben ein internationales Bankensystem, wir haben in Europa den Schengen-Raum eingeführt. Auch das hilft Terroristen, wir haben es trotzdem getan." Um an Daten zu kommen, schlägt Wainwright vor, enger mit Firmen zusammenzuarbeiten - und plädiert für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. "Wir brauchen sie", sagte Wainwright.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.04.2015

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