Ex-Außenminister Joschka Fischer warnt vor verfrühtem Afghanistan-Abzug

Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer warnt den Westen vor einem vorzeitigen Abzug aus Afghanistan.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Interview mit "Bild am Sonntag" sagte Fischer: "Wir wären extrem kurzsichtig, wenn wir abziehen würden, ohne ein Minimum an regionaler Stabilität zu hinterlassen. Das wird noch eine große Herausforderung. Wir werden uns kümmern müssen!" Fischer betonte, ein Machtvakuum müsse in Afghanistan unbedingt verhindert werden: "Für mich ist ein Punkt wichtig: Deutsche Soldaten sind wegen des 11. Septembers 2001 in Afghanistan. Warum hat uns der 11. September 2001 nach Afghanistan geführt? Weil sich nach dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte 1989 die USA ebenfalls zurückgezogen haben und sich niemand mehr um das Land gekümmert hat. So entstand ein Vakuum, in das die regionalen Nachbarmächte vorgestoßen sind. Das hat zu einem furchtbaren Bürgerkrieg geführt. So konnte sich Al Kaida breit machen." Der ehemalige Außenminister trat Vorwürfen entgegen, Deutschland habe sich den USA in Afghanistan geradezu aufgedrängt: "Das ist nun wirklich Quatsch! Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir die rot-grüne Koalition so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hätten. Die USA sind nur mit den Briten gemeinsam in den Krieg gezogen. Zur Stabilisierung brauchte man dann die Verbündeten. Und dazu gehörten viele Länder, nicht nur Deutschland." Auf die Frage, ob der Bundeswehreinsatz am Hindukusch ein Fehler gewesen sei, sagte Fischer: "Eindeutig nein!" Fischer warf den USA vor, das Land durch den Einmarsch im Irak vernachlässigt zu haben: "Afghanistan hätte eine Erfolgschance gehabt, wenn man sich wirklich darauf konzentriert hätte. Aber dann wurde Afghanistan das erste Opfer des Irak-Krieges. Die USA zogen ihre besten Einheiten aus Afghanistan in Richtung Irak ab."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.09.2011

Zur Startseite