Ex-Finanzminister Steinbrück hält Griechenland-Umschuldung für unausweichlich

Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hält zur Beendigung der Schuldenkrise in Europa weitaus radikalere Maßnahmen für notwendig als bisher vorgesehen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Steinbrück sagte in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagausgabe), Staaten wie Griechenland und Portugal würden um eine Umschuldung wohl nicht herumkommen. Selbst der zeitweise Ausstieg eines Landes aus der Europäischen Währungsunion sei nicht gänzlich auszuschließen. Der schwarz-gelben Koalition warf er mit Blick auf das heutige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder vor, die wahren Probleme nicht anzugehen.

"Wenn Staaten wie Griechenland und Portugal über sieben Prozent Zinsen auf ihre Anleihen zahlen müssen, wie das derzeit der Fall ist, dann werden sie diese Schuldenlast selbst bei einer Nettokreditaufnahme von Null nicht tragen können", sagte der Ex-Minister und heutige SPD-Bundestagsabgeordnete. "Das ist reine Mathematik, und das wissen auch die Kapitalgeber." Bei einer Umschuldung müssten die Geld gebenden Banken und Investmentfonds auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Steinbrück zufolge wäre ein Schnitt um beispielsweise 30 Prozent denkbar. "Das würde bedeuten: Die Finanzhäuser verzichten auf 30 Prozent ihrer Ansprüche, erhalten dafür aber die Garantie, dass die verbleibenden 70 Prozent auch tatsächlich zurückgezahlt werden. Dafür steht im Zweifel der Euro-Rettungsfonds, also die Gesamtheit der Euro-Länder, gerade", so der einstige Minister.

Steinbrück räumte ein, dass es Banken gibt, die bei einer oder mehreren Umschuldungen selbst in Existenznot geraten könnten. Sie müssten zur Not Hilfen aus einem neuen Banken-Rettungsfonds erhalten. "Und zugleich bräuchten wir ein europäisches Insolvenzrecht für Banken, um Institute, die nicht überlebensfähig sind, geordnet abwickeln zu können", sagte er.

Länder, die nicht einmal per Umschuldung vor dem Kollaps gerettet werden könnten, bleibe nur ein zumindest zeitweiser Ausstieg aus der Eurozone. "Das Land erhielte damit die nationale Hoheit über die Zinspolitik zurück, könnte seine Währung abwerten und so die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Auch in einem solchen Fall müssten die EU-Partner dem betroffenen Land aber weiter finanziell zur Seite stehen", sagte Steinbrück.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 11.03.2011

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