Ex-Ministerpräsident Milbradt gegen Schäuble als Chef der Euro-Gruppe

In der Debatte um den Vorsitz der Euro-Gruppe hat sich der frühere sächsische Ministerpräsident und Dresdner Wirtschaftsprofessor Georg Milbradt (CDU) gegen eine Kandidatur seines Parteifreundes Wolfgang Schäuble ausgesprochen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Auf die Frage, ob Schäuble der Richtige für dieses Amt wäre, sagte Milbradt in einem Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit": "Nein. Man sollte die Ämter voneinander trennen. Der deutsche Finanzminister muss deutsche Interessen vertreten."

Statt um den Posten des Euro-Gruppen-Chefs zu streiten, sollten "wir Deutschen stärker präsent sein in den Institutionen, auf die es wirklich ankommt. Wir sind weder in der Europäischen Zentralbank noch im Internationalen Währungsfonds angemessen vertreten." Milbradt kritisierte: "Nicht der Schuldner muss das Sagen haben, sondern der Gläubiger."

Milbradt, der vor seiner Wahl zum Regierungschef im Jahr 2002 mehr als ein Jahrzehnt lang Finanzminister in Sachsen war, ist Mit-Unterzeichner eines Aufrufs gegen die Vergemeinschaftung von Schulden in Europa, den im Juli 2012 führende Ökonomen um den Chef des ifo-Instituts Hans-Werner Sinn initiiert hatten. "Im Übrigen ist Deutschland auch nicht der Gewinner des Euro", sagte Milbradt. "Das ist ein politisches Märchen zur Beruhigung der Bevölkerung."

Bundeskanzlerin Angela Merkel sei "eine Getriebene falscher politischer Entscheidungen der Vergangenheit", kritisierte der CDU-Politiker. "Jede rote Linie, die sie markiert, wird nach einer gewissen Zeit überschritten." Dennoch zeigte Milbradt Verständnis für Merkels Bemühungen: "Sie versucht offensichtlich, das Schlimmste zu verhindern."

Das Übel liege in der Konstruktion der Euro-Zone begründet: "Unser Hauptproblem ist, dass wir wider besseres Wissen eine Währungsunion mit Ländern gebildet haben, die ökonomisch eigentlich nicht zusammengehören", so Milbradt. Als einzige Lösung bleibe, Länder aus dem Euro zu entlassen. "Derzeit sehe ich keinen anderen Ausweg als den, das Gebiet der Währungsunion zu verkleinern", sagte der Christdemokrat. "Ein Griechenland, das in seiner jetzigen Lage den Euro behält, nähert sich doch einem Zerfall der staatlichen Strukturen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 08.08.2012

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