Ex-Verfassungsrichter Di Fabio hält Zeitdruck bei Euro-Rettung für demokratiegefährdend

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio hat den hohen Zeitdruck im Zusammenhang mit der Euro-Rettung als eine Gefahr für die Demokratie bezeichnet.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Meinungsbeitrag für das Magazin "Cicero" (August-Ausgabe) schreibt Di Fabio, der von der Politik gegenüber dem Bundesverfassungsgericht vorgebrachte Hinweis auf Zeitdruck sei zwar nicht nur Vorwand. "Behaupteter Zeitdruck kann aber auch ein Herrschaftsmittel sein, genauso wie das früher gepflegte `Aussitzen` einer Sache. Die Zeit wird zu einem Instrument der Macht, wenn derjenige, der zu rascher Entschließung fähig ist, andere unter Zeitnot setzt, die langsamer getaktet sind."

Auf Europäischen Krisengipfeln würden "unter dem sachlichen Druck eines Problems, das nach rascher Lösung ruft", Vereinbarungen getroffen. "Die Öffentlichkeit, die Parlamente, ja sogar die Ministerialverwaltungen und erst recht die Gerichte" bräuchten hingegen viel mehr Zeit und seien schon deshalb meist zum Nachvollzug verurteilt. "Je mehr die übernational verhandelnden Regierungsvertreter unter Zeitdruck geraten und ihn zugleich erzeugen, desto weniger Bürger können ihnen folgen - ein Problem für die Demokratie", so Di Fabio.

Es bestehe der Verdacht, dass "aktionistische Szenarien grell ausgeleuchtet auf die Bühne gebracht werden, damit langfristige Sach- und Zeitzusammenhänge in den Schatten geraten". Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe will am 12. September über die Eilanträge gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt entscheiden. Die Karlsruher Richter waren unter anderem von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gebeten worden, ihre Entscheidung möglichst schnell zu treffen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 24.07.2012

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