Ex-Verfassungsrichter kritisiert Losverfahren bei NSU-Prozess

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat das Oberlandesgericht München für das Verfahren bei der Vergabe der Presseplätze im NSU-Prozess kritisiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das nun angewandte Losverfahren sei zwar juristisch unanfechtbar, sagte er der "Welt". Es könne aber "gleichwohl nicht befriedigen". Papier sprach von "Merkwürdigkeiten", die in der Natur des Losens lägen.

Der Staatsrechtslehrer plädierte dafür, die Möglichkeit einer Videoübertragung zu nutzen. "Ich persönlich hätte die Pressebank deshalb von vornherein dergestalt erweitert, dass ich eine Videoübertragung in einen Nachbarraum für die akkreditierten Journalisten eröffnet hätte", sagte Papier. Für ein so außergewöhnliches Verfahren seien die gesetzlichen Vorschriften über das Verbot von Fernseh- und Tonaufnahmen aus der Hauptverhandlung nach Sinn und Zweck interpretieren.

"Und dabei hätte man nach meiner Auffassung zu dem Ergebnis kommen können, dass eine solche begrenzte Übertragung innerhalb des Gerichts ohne Aufzeichnungsmöglichkeit möglich ist", so der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident. Die Chancen, eine Videoübertragung in Karlsruhe einzuklagen, schätzt Papier allerdings als gering ein. "Nach meiner Auffassung ist eine solche Übertragung kein zwingendes rechtliches Gebot. Sie wäre aber eine Frage der pragmatischen Klugheit." Das Bundesverfassungsgericht habe dem Oberlandesgericht in seiner Eilentscheidung ausdrücklich die Möglichkeit bescheinigt, das Vergabeverfahren für die begrenzten Presseplätze neu zu starten. "Ob per Los- oder Prioritätsverfahren, dafür sind keine Vorgaben gemacht worden", sagte Papier.

Den Gesetzgeber forderte der ehemalige Präsident Karlsruhes auf, für eine gesetzliche Klarstellung zu sorgen, die Videoübertragungen ausdrücklich erlaubt: "Das wäre sicherlich sinnvoll und für den Vorsitzenden einer jeden Strafkammer künftig eine Erleichterung."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 01.05.2013

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