Experte rät Nahles von schnellem Entwurf für Tarifeinheitsgesetz ab

Der Düsseldorfer Ökonom und frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, hält es für falsch, dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) Anfang November ein Gesetz zur Tarifeinheit vorlegen will, das den Einfluss kleinerer Spartengewerkschaften zurückdrängen dürfte: "Von einem schnellen Entwurf für ein Gesetz zur Tarifeinheit ist abzuraten. Die Koalitionsfreiheit ist grundgesetzlich geschützt - und zwar im positiven wir im negativen Sinne", sagte Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie dem "Handelsblatt" (Onlineausgabe). "Das bedeutet, dass jeder das Recht hat, einer Gewerkschaft auch fernzubleiben und für sich selbst zu verhandeln oder eine andere Gewerkschaft zu gründen. Kleinen Gewerkschaften, die nachweislich tariffähig sind, jetzt indirekt das Verhandlungsrecht abzusprechen, wird mit dem Grundgesetz in Konflikt geraten."

Besser wäre aus Sicht Haucaps eine Anpassung des Streikrechts, das in jüngster Zeit durch die Rechtsprechung erheblich ausgedehnt worden sei. Er unterstütze den Vorstoß des Bonner Arbeitsrechtlers Gregor Thüsing, für Gewerkschaften in Versorgungsbranchen wie etwa Verkehr und Gesundheit die Regeln für Warnstreiks restriktiver zu handhaben. "Einem Streik sollte hier zwingend ein Schlichtungsverfahren vorgeschaltet werden", sagte Haucap.

"Zudem sollten die Streiks mindestens vier Tage vorher angekündigt werden, um unbeteiligte Dritte – also die Passagiere – nicht übermäßig zu belasten." Bei dem aktuellen Streik der Lokomotivführer-Gewerkschaft GDL hätten viele Kunden gar nicht mehr reagieren können. Die Fahrkarten seien schon gekauft, viele seien schon ins Wochenende unterwegs und hingen nun womöglich bis Sonntagnacht fest.

"Das ist unverantwortlich und verletzt jedes Verhältnismäßigkeitsprinzip", sagte der Ökonom. "Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sollte auch für die rechtliche Zulässigkeit von Streiks gelten."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 17.10.2014

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