Experten fordern Nato-Reaktion gegen Russland

Die Nato muss nach Ansicht von Experten auf die neuen Spannungen mit Russland wegen der Ukraine-Krise mit neuen Verteidigungsplänen und der Stationierung von Truppenkontingenten bei osteuropäischen Bündnismitgliedern reagieren.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Russland hat mit seiner Aufkündigung des zentralen Elements europäischer Sicherheit seit 1990, keine Grenzen durch Gewalt zu verändern, eine Lage geschaffen, die vorbeugende Planung und gegebenenfalls auch internationale Präsenz als Element der Abschreckung und des Schutzes exponierter Bündnispartner verlangt", sagte der frühere Nato-General Klaus Naumann "Handelsblatt-Online". Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Russland zudem durch seine Verstärkungen im Kaliningrader Gebiet "nachweisbaren Anlass zur Vorsorge" gegeben habe. Ähnlich äußerte sich der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Joachim Krause.

Russland verfolge eine "Doktrin der begrenzten Souveränität" von Ländern mit russischen Minderheiten und Bevölkerungsgruppen. "Diese Doktrin ist völkerrechtswidrig und stellt für die davon betroffenen Staaten eine existenzielle Bedrohung dar", sagte Krause "Handelsblatt-Online". Damit werde sich die Nato befassen müssen.

"Und auch die Bundesregierung kann sich nicht länger um dieses Thema herumdrücken", betonte Krause. "Wir brauchen eine neue Form der Abschreckungspolitik, die auf sehr konkrete Herausforderungen Seitens Russlands eingestellt ist." Krause unterstrich zudem, dass vor allem die Balten, aber auch die Polen und die Rumänen, ein Recht darauf hätten, "dass wir unsere Bündnisverpflichtungen ernstnehmen".

Daher müsse man gemeinsam mit ihnen nach Wegen suchen, wie mit erwartbaren Bedrohungen umgegangen werde. "Das kann bedeuten, dass Kontingente anderer Nato-Staaten dort dauerhaft stationiert werden", so Krause. In erster Linie komme es aber darauf an, dass die Grenzen und die Lufträume gegen das "Einsickern von russischen Spezialkräften" gesichert würden.

Auch der Historiker Michael Wolffsohn hält es für zwingend, dass die Nato sich der neuen Sicherheitslage anpasst. Er äußerte aber zugleich Zweifel, ob die Militärallianz dazu auch bereit ist. "Sie müsste, aber wird sie?", sagte Wolffsohn "Handelsblatt-Online". Dieses Anpassen würde Geld kosten. Mit Blick auf die Frage, welchen Beistand die Nato-Partner zum Schutz Osteuropas leisten können, sieht Wolffsohn auch Deutschland in der Pflicht. "Ganz unabhängig von deutschen und anderen Vergangenheiten gilt `pacta sunt servanda`, also `Verträge muss man einhalten`", sagte der Historiker. Polen und die baltischen Staaten seien Mitglieder der Nato. Das bedeute, dass alle Nato-Mitglieder, also auch Deutschland, zum Beistand verpflichtet seien.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.05.2014

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