Experten streiten sich über Wirkung von Umfragen

Gleich drei große Umfrageinstitute haben noch zwei Tage vor der Bundestagswahl eine Umfrage veröffentlicht - Experten sind sich in der Wirkung uneinig.

Köln (dts Nachrichtenagentur) - Der Parteienforscher Jürgen Falter verteidigte die neue Praxis: Diese käme den strategischen Wählern sehr entgegen, sagte Falter dem "Deutschlandfunk". Späte Wahlentscheidungen würden späte Informationen benötigen, um strategisch auf aktuelle Umfrage-Änderungen reagieren zu können. "Je knapper es aussieht, desto mehr Zutrauen haben die Wähler, dass sie mit ihrer Stimme etwas ausrichten können", so der Politikwissenschaftler.

Angesichts der Tatsache, dass bei früheren Bundestagswahlen so kurz vor dem Wahltag keine Umfragen mehr veröffentlicht wurden, will Falter aber nicht von einem Tabubruch sprechen: "Es ist gar kein echtes Tabu. Es war eine stillschweigende Übereinkunft bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten", so der Experte. Der ehemalige WDR-Intendant und legendäre Moderator von Wahlsendungen, Friedrich Nowottny, sprach hingegen von einer generellen "Verzerrung" durch Wahlumfragen.

Politiker würden sich in zu großem Ausmaß von Umfragewerten abhängig machen. Beispielsweise sei die Euro-Krise als Thema weggefallen, weil den Politikern durch die Umfragen bewusst geworden sei, dass sie sich an diesem heißen Eisen schnell verbrannt hätten. Das entspreche nicht der Grundidee der Demokratie, aber wohl offenbar den Notwendigkeiten des politischen Alltags.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 20.09.2013

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