FDP-Experte warnt wegen Spanien-Abstimmung vor Schaden für die Demokratie

Der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, warnt angesichts der Abstimmung über die Milliardenhilfen für spanische Banken vor einem Schaden für die Demokratie.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Die Abgeordneten sind Getriebene des Regierungshandelns in Europa. Das ist keine gute Entwicklung", sagte Schäffler "Handelsblatt-Online". Die Zeit für eine ausreichende Bewertung der Spanien-Hilfe sei nicht gegeben.

"Die parlamentarische Demokratie nimmt dadurch Schaden. Das ist weder gut für Deutschland noch für Europa." Der Staatsrechtler Joachim Wieland von der Verwaltungshochschule Speyer sieht vor allem das Verhalten der Opposition kritisch.

Bei der Spanien-Hilfe sei weniger die Zustimmung der Regierungsmehrheit als die der Opposition "bemerkenswert", sagte Wieland. Offenbar sähen Oppositionsparteien die Lage als so ernst an, dass sie die Unterstützung der Regierung für geboten hielten. Sie verzichteten deshalb darauf, gemeinsam mit den Abweichlern aus der Regierungskoalition eine Ablehnungsmehrheit zu formen.

"Das kann man als Ohnmacht bezeichnen, es kann aber auch Ausdruck der potentiellen Regierungsfähigkeit verstanden werden, die von der Opposition so demonstriert werden soll", sagte der Jurist. Der Parteienforscher Gerd Langguth erklärt eine mögliche Ohnmächtigkeit des Parlaments damit, dass es bei den Abgeordneten hinsichtlich der europäischen Rettungsmaßnahmen eine "große Unsicherheit" gebe. Die Vorhaben seien so komplex, "dass vielfach nicht einmal solche Personen die politischen und finanziellen Konsequenzen durchschauen, die hauptberuflich Politik machen", sagte der Professor an der Universität Bonn.

Beim Abstimmungsverhalten der Parlamentarier spiele aber die Tatsache eine große Rolle, "dass man Vertrauen in die politische Führung hat und unterstellt, dass diese `das Richtige` schon entscheiden, zum anderen aber sind es die gewachsenen proeuropäischen Überzeugungen, wonach Deutschland bei der Stabilisierung der Finanzmärkte einen großen und solidarischen Beitrag leisten muss. Langguth schließt daraus, dass die Parlamentarier letztlich aus einem Erwartungsdruck heraus zum Handeln gezwungen werden. "Viele Abgeordnete wollen nicht für das Scheitern der europäischen Finanzmarktstabilität verantwortlich gemacht werden", sagte er.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 19.07.2012

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