Fischer warnt nachdrücklich vor Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone

Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) warnt nachdrücklich vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In einem Interview mit "Bild am Sonntag" sagte Fischer: "Wenn es zu einer Ansteckung Italiens und Spaniens käme, wäre das das Ende des Euro. Die Politik würde die Kontrolle verlieren, denn darüber würden dann die Märkte entscheiden." Aber er sei der festen Überzeugung, dass man "im Kanzleramt das sehr klar im Auge" habe.

Fischer ließ auch nicht das Argument gelten, die Kanzlerin habe für ein weiteres Griechenland-Hilfspaket keine Mehrheit mehr im Bundestag: "Mein Rat: Stehe zu deiner Überzeugung! Mehrheiten sind wichtig, aber in existenziellen Fragen ist das Stehen zur eigenen Überzeugung wichtiger. Man braucht in diesen Zeiten starke Nerven." Dem bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU) sprach Fischer aufgrund dessen Äußerung, mit dem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ein "Exempel statuieren" zu wollen die Qualifikation für ein politisches Amt ab: "Ich weiß nicht, was Herr Söder im Geschichtsunterricht getrieben hat. Wie kann man als Deutscher, angesichts dessen, was die Nazis in Griechenland gemacht haben, von "Exempel statuieren? reden? Normalerweise würde man sagen: Im Vollrausch. Nun war er aber nüchtern. Politische Verantwortung aber sollte er in Deutschland nicht haben." Nach Überzeugung Fischers steht die Eurozone vor der Wahl zwischen dem Weg in eine Haftungs- und Schuldenunion inklusive Euro-Bonds und einer Aufgabe der Gemeinschaftswährung: "Wir haben drei Optionen. Wir können versuchen, die heute existierende Konstruktion zu verbessern. Ich halte es aber für illusorisch zu glauben, dass man damit die Krise übersteht.

Die zweite Option lautet: Wir geben den Euro auf und kehren zur D-Mark zurück. Das hielte ich für eine Katastrophe. Aber die Kritiker des Euro sollten so ehrlich sein zu sagen, dass dies das Ergebnis ihrer Politik wäre. Die Alternative dazu lautet: Wir müssen rein in die vertiefte Vergemeinschaftung inklusive Haftungsunion. Dazu gehören auch Eurobonds, ebenso wie Strukturreformen." Konkret forderte der ehemalige Vizekanzler: "Wir brauchen eine gemeinsame Fiskalpolitik. Das heißt im Klartext: Die Haushalte der Euro-Staaten müssen nach vergleichbaren Grundsätzen aufgestellt werden. Die Steuerpolitik muss ebenso harmonisiert werden wie die sozialen Sicherungssysteme. Es wird auf Dauer nicht gehen, dass das man in dem einen Land mit 60 und im anderen mit 67 in Rente geht. Als nächster Schritt müsste dann die politische Union folgen." Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise hält Fischer für vergleichbar mit der großen Weltwirtschaftskrise von 1929: "Wir haben es mit einer Krise zu tun, die vermutlich größer ist als die von 1929. Wie das geendet ist, wissen wir hier heute: im Zweiten Weltkrieg. Gott sei Dank ist das keine Option mehr." Fischer äußerte die Befürchtung, dass der Staatsschuldenkrise eine Inflation folgen könnte: "Wir haben es mit einem ökonomischen Herzinfarkt zu tun, der den Patienten auf die Intensivstation gebracht hat. Dort wird er künstlich am Leben erhalten. Das führt zur Staatsschuldenkrise. Der nächste Schritt wird Inflation heißen. Die Alternative zu dieser Politik heißt eine tiefe Weltwirtschaftskrise, vergessen wir das nicht!"

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 19.08.2012

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