Früherer Nato-General kritisiert deutsche Haltung zum Libyen-Einsatz scharf

Der frühere Nato-General Klaus Naumann hat die deutsche Haltung zum Libyen-Einsatz scharf kritisiert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Er sei "maßlos enttäuscht von der handwerklichen Plumpheit" bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat und "dem Hintanstellen des Gebots, auf der Seite derer zu sein, die für ihre Freiheit kämpfen", sagte er im Interview mit der "Stuttgarter Zeitung". "Ich halte es für einen kaum fassbaren Fehler, dass wir uns zum ersten Mal allein gegen die Amerikaner stellen - derweil in Washington darüber nachgedacht wird, ob das Engagement zum Schutz Europas aufrecht erhalten werden soll", betonte Naumann, der von 1996 bis 1999 den Nato-Militärausschuss geleitet hat. Deutschland habe sich zudem "gegen Europa gestellt und den Franzosen die Führungsrolle sozusagen unter das Kopfkissen gesteckt, was die kluge deutsche Außenpolitik bisher stets vermieden hat".

Jetzt würde die Bundesregierung den Ereignissen nur noch hinterherlaufen. Es wäre nach Ansicht von General a.D. Naumann richtig gewesen, der UN-Resolution zuzustimmen, aber eine militärische Beteiligung Deutschlands am Libyen-Einsatz abzulehnen. Denn die Bundeswehr habe nichts, was sie dafür bieten könne.

Die Luftwaffe sei in einem nicht-interventionsfähigen Zustand. Zudem seien die deutschen Soldaten in Afghanistan gebunden. "Mit guten Gründen hätten sich die außenpolitische Isolierung und das Zerschlagen von Porzellan in der arabischen Welt also vermeiden lassen", sagte er.

"Unsere Nation verdankt ihre Freiheit der Intervention von außen - das gilt für 1945 direkt und für 1989 indirekt", sagte Naumann. Während Gaddafi die Aufständischen `wie Ratten` töten wolle, "verweigern wir unsere Hilfe durch Enthaltung", führte der ehemalige Generalinspekteur aus. "Das treibt mir die Schamesröte ins Gesicht."

Die Haltung `Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass` sei eine deutsche Eigenschaft geworden. "Wenn wir uns das nicht abgewöhnen, werden wir in Europa unglaubliche Schwierigkeiten haben", prophezeite Naumann. Der Einsatz von Bodentruppen in Libyen ist nach seiner Ansicht "zwar vom Mandat her erlaubt", doch würde er davon abraten, stets mit einer Bodenoperation nachzusetzen. "Denn das Ziel der UN-Resolution, eine Flugverbotszone einzurichten, kann man aus der Luft erreichen", sagte Naumann. "Dann müssen sich die Gaddafi-Gegner unter dem Luftschirm selbst bewaffnen, selbst wenn sich dies noch etwas hinzieht." Der Tod von Zivilisten sei wohl unvermeidlich, da Gaddafi seine Landsleute wie Schutzschilder einsetze. "Wer Menschenrechte und Freiheit ernst nimmt, kann in dieser Situation nicht unschuldig bleiben."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.03.2011

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