Gauck will Griechenland in Euro-Zone halten

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone ausgesprochen und entsprechende Signale der Bundesregierung gelobt.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Ich wünsche mir und hoffe, dass Griechenland Teil der Euro-Zone bleibt. Es wäre ganz und gar falsch, wenn Griechenland ausscheiden würde und es ist vollkommen richtig, dass die Bundesregierung auf einen Verbleib Athens in der Euro-Zone drängt", sagte Gauck in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" (E-Tag: 11. November). Die Bundesregierung habe diese Haltung "zum Glück auch denjenigen signalisiert, die hierzulande der Auffassung sind, das alles sei zu teuer und wir Deutsche ruinierten uns. Nein, wir ruinieren uns überhaupt nicht. Jedenfalls nicht, wenn wir Griechenland im Euro halten." Hart ins Gericht ging der Bundespräsident indirekt mit einigen führenden Vertretern der Koalition, die sich in den vergangenen Monaten mit harschen Worten über Griechenland geäußert hatten.

"In gewisser Weise haben auch Völker eine Seele - und ihren Stolz", sagte Gauck. "Jetzt meldet sich diese verletzte Seele, der verletzte Stolz etwa bei den Griechen, denen in Griechenland, aber auch den hier lebenden griechischen Einwanderern, die viel Gutes für unsere Gesellschaft leisten. Sie wurden im Zuge der Eurokrise von einigen deutschen Politikern und deutschen Medien leider regelrecht verunglimpft oder zumindest von oben herab belehrt. Das war ein großer Fehler." Umgekehrt gebe es Griechen, Spanier oder Italiener, sagte Gauck, "die ihren Anteil an der Krise am liebsten verdrängen möchten, die uns vorwerfen, wir wollten über sie bestimmen. Auch das ist falsch. Wir haben nichts Schlechtes für Europa im Sinn. Wir möchten mit unserem Hinweis auf Haushaltsdisziplin und Strukturreformen doch im Gegenteil dafür sorgen, dass Europa weiter funktioniert. Außerdem gehört es zur Rolle des Erwachsenen dazu, dass er gelegentlich Kritik und Ablehnung ertragen muss." Gauck lobte überdies den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Athen, über den er sich "sehr gefreut" habe. "Sie ist die Gestalterin und sollte als solche mit den Gestaltern reden", sagte der Bundespräsident. "Ich bin da weniger gefragt. Aber ich werde bald den griechischen Präsidenten treffen." Griechenland benötige, sagte Gauck, "vor allem das innere Gespräch". Das falle unendlich schwer, da "vielen einfachen Menschen immer mehr Opfer zugemutet und zu viele starke Schultern geschont werden". In Griechenland gebe es "gewiss nicht nur Deutschland-Kritiker oder Merkel-Feinde. Es beginnt dort ein selbstkritischer Diskurs, der fragt: Welche Gesellschaft wollen wir?" Dieser Diskurs müsse reifen, sagte Gauck, "auf dass Griechenland wieder gestalten kann". Er fügte hinzu: "Es ist sehr schwer, in einem Land, das sich in einer derart komplizierten Lage befindet wie derzeit Griechenland, so aufzutreten, dass man nicht wie ein Lehrer wirkt. Jede Belehrung von außen aber beschädigt den inneren, selbstkritischen Diskurs."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 10.11.2012

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