Gewerkschaftsbund warnt vor "zweitem Sozialamt"

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Deutsche Rentenversicherung (DRV) warnen vor der geplanten Anrechnung des Partnereinkommens bei der Aufstockung der Minirenten für Geringverdiener.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Die Koalition macht den großen Fehler, die Rentenversicherung durch die Lebensleistungsrente zum zweiten Sozialamt zu machen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Die Rentenversicherung müsste dann sämtliche Einkommensdaten der Versicherten und ihrer Partner prüfen - bis hin zu der Frage, ob die unter derselben Adresse gemeldete Person ein Lebensgefährte oder ein WG-Mitbewohner sei. "Das ist nicht nur bürokratisch, sondern auch unwürdig", kritisierte Buntenbach.

Die DRV fürchtet laut dem SZ-Bericht deshalb, dass sie - wie die Jobcenter und Kommunen bei Hartz-IV-Empfängern - untersuchen muss, wie und ob Menschen zusammenleben. Mit der Frage, was zwei Zahnbürsten in einem Haushalt zu bedeuten haben, wolle die Behörde aber überhaupt nichts zu tun haben. Nach den bisherigen Plänen der Koalition sollen bei der auf dem letzten Koalitionsgipfel beschlossenen Lebensleistungsrente nur diejenigen Geld bekommen, die 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt und zusätzlich privat vorgesorgt haben.

Außerdem soll es erst dann Geld geben, wenn das Einkommen des Ehepartners oder auch des Lebensgefährten in einer eheähnlichen Gemeinschaft geprüft und dies nicht zu hoch ist. So hatte es Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen bereits bei der ursprünglich von ihr geplanten Zuschussrente vorgesehen. Und so steht auch in einer Vorlage ihres Hauses vom vergangenen Montag: "Einkommensanrechnung durch Rentenversicherung (analog Witwen- und Waisenrente); jedoch einschließlich Partnereinkommen."

Wie die SZ berichtet, warnte die Rentenversicherung aber bereits im August 2012 in einer internen Stellungnahme ans Arbeitsministerium vor "bürokratischen Doppelstrukturen", wenn die Träger der Grundsicherung, also die jeweilige Kommune, und die Rentenversicherung die finanzielle Lage von Anspruchsberechtigten durchleuchten müssten. In dem Papier heißt es ausdrücklich: "Eine befriedigende verwaltungstechnische Umsetzung der Regelung zur Anrechnung des Einkommens von Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft mit dem Berechtigten leben, ist nicht möglich." Die Rentenversicherungsträger verfügten auch nicht "über die notwendige Infrastruktur zur Prüfung der Beziehung von Menschen, die in einer Wohnung zusammenleben".

Außerdem lasse die vorgesehene Einkommensanrechnung offen, "wann jemand als Partner des Berechtigten zu betrachten ist". Von der Leyen hatte stets erklärt: Wer von der neuen Leistung profitiere, "muss nicht zum Sozialamt gehen". Nach SZ-Informationen wollen Rentenpolitiker der Koalition am Dienstag erneut über die ebenfalls strittige Obergrenze der künftigen Lebensleistungsrente verhandeln.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.11.2012

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