Grüne bringen Bewegung in deutsch-Schweizerischen Steuerstreit

n dem seit Monaten festgefahrenen Streit über das geplante deutsch-Schweizerische Steuerabkommen kommt aus den Reihen der Grünen ein Kompromissvorschlag.

Berlin/Bern (dts Nachrichtenagentur) - Der Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte Thomas Gambke plädierte in einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe) dafür, den Vertrag wie vorgesehen zum 1. Januar 2013 in Kraft zu setzen, ihn aber um eine zweite Vereinbarung zu ergänzen. Darin müsste sich die Schweiz zu einer größeren Offenheit gegenüber den deutschen Steuerbehörden verpflichten. Deutsche Staatsbürger haben Schätzungen zufolge einen zwei- oder gar dreistelligen Milliardenbetrag in der Schweiz vor dem heimischen Finanzamt versteckt.

Die Regierungen beider Länder wollen das Problem lösen, indem das Vermögen rückwirkend mit einer Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent und künftig mit dem deutschen Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent belastet wird. Im Bundesrat wird die Ratifizierung des Vertrags jedoch von den rot-grün regierten Ländern blockiert, weil sie die Pauschalsteuer für zu niedrig halten und die Namen der Kontobesitzer auch in Zukunft geheim bleiben sollen. Zudem sind viele Bundesbürger offenbar gerade dabei, ihre Guthaben aus der Schweiz abzuziehen und sie in vermeintlich sicheren Drittstaaten wie Singapur zu verstecken.

Da sich beide Regierungen wegen des großen innenpolitischen Drucks zu keinen Nachverhandlungen in der Lage sehen, schlägt Gambke nun eine Kompromisslösung vor. Demnach müsste die Schweiz noch vor Inkrafttreten des Vertrags eine zweite Vereinbarung unterschreiben, in der sie dem deutschen Fiskus Gruppenabfragen nach dem sogenannten OECD-Standard, also eine Art Rasterfahndung, erlaubt. Außerdem müsste die Regierung in Bern ihren Behörden einen nicht-konditionierten Informationsaustausch entsprechend der EU-Zinsrichtlinie mit Deutschland gestatten.

"Das sollte kein Problem sein, weil die Schweiz erst vor wenigen Wochen genau das auch den USA zugesagt hat", sagt Gambke, der für seine Fraktion im Finanzausschuss des Bundestags sitzt. "Und es gibt keinen Grund, warum sich die EU mit weniger zufrieden geben sollte." Um auch solche Vermögen in die Besteuerung einzubeziehen, die in Drittstaaten verschoben wurden, müssen Gruppenabfragen aus Sicht des Grünen auch für mehrere Jahre rückwirkend möglich sein: "Der bisher diskutierte Termin 1. Januar 2011 reicht dabei nicht aus. Ich stelle mir eher das Jahr 2007 oder 2008 vor." Die Frage, ob deutsche Vermögen in der Schweiz rückwirkend pauschal mit Sätzen von 21 bis 41 Prozent belastet werden oder ob diese Sätze höher sein müssten, ist dagegen aus Gambkes Sicht nicht entscheidend. "Wichtiger als die Bewältigung der Vergangenheit ist, dass wir eine vernünftige und vor allem wasserdichte Regelung für die Zukunft bekommen. Wenn das Inkrafttreten des Abkommens an der Frage des Mindeststeuersatzes scheitern sollte, verlieren wir unendlich viel Zeit - Zeit, in denen Tausende Fälle von Steuerhinterziehung verjähren würden. Das kann niemand wollen." An die eigenen Reihen gerichtet warnte Gambke vor dem Versuch, das Thema im bevorstehenden Bundestagswahlkampf auszuschlachten. "Wir müssen die in der Schweiz liegenden bisher unversteuerten Vermögen von deutschen Staatsbürgern endlich einer Besteuerung zuführen", sagt er. "Die Menschen erwarten zu Recht von uns, dass wir in der Sache weiterkommen und uns nicht mit Säbelrasseln begnügen." Deshalb müssten Deutsche und Schweizer, Regierung und Opposition "diese Konfrontation, in der wir seit Monaten feststecken, dringend überwinden".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 22.08.2012

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