Grünen-Politiker Hofreiter fordert Abkehr vom lokalen Protest gegen Einzelvorhaben

Nach dem Scheitern der rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Berlin durch den Streit um die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 fordert der grüne Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Toni Hofreiter, von seiner Partei eine neue Verkehrspolitik und eine Abkehr vom lokalen Protest gegen Einzelvorhaben.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Wir müssen den Blick vom Widerstand gegen einzelne Projekte stärker auf die Gesamterfordernisse des Netzes richten", sagte der Bundestagsabgeordnete Hofreiter im Gespräch mit der Zeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe). Zwar werde es bei der Beschäftigung mit bundesweiten Netzanforderungen "oft abstrakt, und man kann dafür nicht so viele Leute mobilisieren wie für den Protest gegen Einzelprojekte. Aber wir Grünen müssen für eine Verkehrspolitik mit nationaler Perspektive kämpfen, bei der viele Dinge gebaut werden müssen, für die ich mindestens so viel Geld ausgeben möchte, wie jetzt fürs sinnlose Stuttgart 21 oder die unnötige A 100 in Berlin verpulvert werden soll."

Angesichts der A 100-Auseinandersetzung in Berlin nannte es Hofreiter "sehr bedauerlich, dass hinter dem Streit über einzelne Verkehrsprojekte die viel wichtigere Debatte über die Erhaltung und den sinnvollen Ausbau des Gesamtverkehrsnetzes in Deutschland fast völlig verschwindet. Der eigentliche Skandal besteht darin, dass für einzelne Prestigeprojekte immer noch Milliarden ausgegeben werden, während für sinnvolle, aber wenig prestigeträchtige Projekte das Geld ständig gestrichen wird", sagte Hofreiter. Da im Bundesverkehrsetat weit weniger Geld als früher vorhanden sei, "darf man doch nicht gleich 460 Millionen davon für die A 100 in Berlin ausgeben. Viel dringender als diese 3,2 Kilometer Stadtautobahn wäre die Beseitigung von täglichen Staufallen im westdeutschen Autobahnnetz oder die Beschleunigung des Lkw-Verkehrs rund um die deutschen Seehäfen." Ähnlich sei es bei der Schiene, "die für die deutsche Exportwirtschaft immer wichtiger wird und an zahlreichen Eisenbahnknoten bereits an der Kapazitätsgrenze angekommen ist". Nötig sei eine "Verkehrspolitik, die endlich die Erfordernisse des gesamten Netzes und die wirklich unabdingbar wichtigen Projekte in den Blick nimmt. Da geht es freilich nicht um superteure Tiefbahnhöfe, sondern um zusätzliche Gleise oder einzelne Brückenbauwerke", sagte Hofreiter und fügte hinzu: "Hierfür müsste sich Verkehrsminister Peter Ramsauer einsetzen, statt auf dem CSU-Parteitag zu versprechen, dass er den Provinzpolitikern ihre Prestigeprojekte finanziert, wenn sie ihn zum CSU-Vize wählen."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 12.10.2011

Zur Startseite