IKRK gegen Waffenlieferungen an Kiew

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, spricht sich gegen Waffenlieferungen in die Ukraine aus.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Es fehlt uns im IKRK die Überzeugung, dass mehr Waffen mehr Sicherheit geben. Wir haben zu viele Beweise für das Gegenteil gesehen", sagte Maurer in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". "Es ist ein Phänomen, das uns seit einiger Zeit große Sorgen bereitet, dass die Hilfe an die Bedürftigen zum Teil wie ein Vorwand erscheint, um die nationale Flagge zu hissen und zu zeigen, dass man dieser oder jener Gruppe Unterstützung zukommen lassen kann und will", beklagte Maurer.

Dies reiche von Erdbeben- und Katastrophenopfern bis zu anderen Operationen. Die Schwierigkeit für eine humanitäre Organisation sei, dass solche Operationen "ohne Zweifel" dazu beitragen "humanitäres Leid zu lindern", die Frage aber bleibe, "ob sie ein Beitrag zu einer Befriedung von Konflikten sind". Dafür gebe es, nach Ansicht von Maurer, viele Beispiele: "In Syrien haben uns alle bedrängt, wir sollten humanitäre Hilfe leisten, wo wir könnten, und folglich auch keine Zustimmung der syrischen Regierung verlangen. Die gleichen Länder kritisieren in anderem Kontext, wenn ein Land die Grenzen der Ukraine nicht so ernst nimmt und humanitäre Dienstleistungen erbringt." In Syrien und dem Irak ist der Zusammenbruch des Gesundheitssystems nach Maurers Einschätzung derzeit das drängendste Problem. Durch den Krieg selbst seien sehr viele Ärzte, Krankenschwestern und -Pfleger umgebracht und vertrieben worden.

"Seit Januar 2013 haben wir verstärkte Indizien dafür, dass es nicht nur temporäre Versorgungsengpässe gibt, sondern dass das System kollabiert. Man stirbt nicht mehr nur wegen bewaffneter Gewalt, sondern an normalen chronischen Erkrankungen, die nicht mehr behandelt werden, weil keine Ärzte, Medikamente, Spitäler, Krankenschwestern da sind. Diese Dynamik hat die ganze Region erfasst", so Maurer.

Der IKRK-Präsident spricht sich überdies dafür aus, auch mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu sprechen, die ein Gebiet kontrolliere, "in dem über zehn Millionen Zivilisten wohnen". Das IKRK könne ein humanitäres Problem nur lösen, "indem wir direkt oder indirekt an jene herankommen, die dieses Gebiet kontrollieren". Politisch sei es "ein weiter Schritt, jemanden, den man militärisch bekämpft, politisch anzuerkennen". Maurer weiter: "Ich kann nur sagen, was es braucht, um eine glaubwürdige humanitäre Aktion aufzubauen: den Dialog mit allen. Sonst haben wir Schwierigkeiten, einen humanitären Raum zu sichern."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 31.03.2015

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