Ifo-Präsident Sinn kritisiert Euro-Gipfelbeschlüsse

Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat scharfe Kritik an den jüngsten Beschlüssen zur Euro-Rettung geübt.

München (dts Nachrichtenagentur) - Zwar sei es richtig, dass die Regierungschefs die Staatspleite Griechenlands nun offiziell anerkannt hätten, der Schuldenschnitt von 50 Prozent sei jedoch völlig unzureichend, sagte der Ökonom der Tageszeitung "Die Welt" (Samstagausgabe). "Mit dem Schuldenschnitt gelangen wir in Bezug auf die Höhe der Staatsverschuldung an den Punkt zurück, an dem die Griechenlandkrise angefangen hat", so Sinn. "Es geht also wieder von vorne los."

Griechenland müsse aus dem Euroraum austreten. "So wie man jetzt den Staatsbankrott akzeptiert hat, wird man irgendwann auch den Austritt akzeptieren, weil dies die einzige Möglichkeit ist, dass Griechenland wieder auf die Beine kommen kann", sagte der Wirtschaftsforscher. Sinn warnte zudem vor einer dramatischen Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage in Italien.

"Seit dem Sommer gibt es eine riesige Kapitalflucht aus Italien, die atemberaubend ist." Die vermögenden Italiener verkauften ihre Staatspapiere an die Banca d`Italia, die sie mit neu gedrucktem Geld kaufe, und machten sich aus dem Staube, nach Deutschland oder in die Schweiz, sagte Sinn. Trotz der jetzt angekündigten Reformen sei die Gefahr groß, dass Italien die Schulden nicht in den Griff bekommt.

Eine Rettung Italiens durch die solventen Euroländer sei aber "nur um den Preis einer Destabilisierung Frankreichs und Deutschlands" möglich. Der Ifo-Chef kritisierte, das mit dem Hebel der Europäische Rettungsfonds auf über eine Billion ausgeweitet wurde. Diese Maßnahmen sind außerhalb jeglicher vernünftiger Proportion und bedeuten unwägbare Lasten für den hiesigen Steuerzahler.

Der Bundestag hat sich da in ein Wagnis hineingeredet, das er gar nicht überblickt. Für die hiesigen Steuerzahler, Rentner und die Hartz-IV-Empfänger "fängt die Krise jetzt erst an, schrecklich zu werden", sagte Sinn. Als Folge der Krise drohe zudem Inflation. Da die die Europäische Zentralbank den Südländern weiterhin mit der Druckerpresse helfen werde, "sind wir nun wohl in einem inflationären Regime angekommen".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 29.10.2011

Zur Startseite