Industrie will Spitzensteuerausgleich bei Ökosteuer durch Selbstverpflichtung retten

Die deutsche Industrie will einer strengen Nachweispflicht über die Steigerung der Energieeffizienz mit einer Selbstverpflichtung zuvorkommen und so den Spitzenausgleich bei der Energie- und Stromsteuer retten.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das Bundesfinanzministerium prüft nach Informationen der Zeitung "Handelsblatt" (Dienstagausgabe) aus Wirtschaftskreisen derzeit einen entsprechenden Vorschlag, den der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit den betroffenen Branchen erarbeitet hat. Neben dem verarbeitenden Gewerbe sind das die Bau-, Energie- und Abfallwirtschaft. Im Kern geht es darum, die Sonderregelungen bei der Energie- und Stromsteuer zu erhalten.

Schon die rot-grüne Bundesregierung hatte bei der Einführung der Ökosteuer 1999 erkannt, dass es für die Industrie Ausnahmen geben muss, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden. Die Ausnahmen sind bis Ende 2012 befristet. Dann läuft die Selbstverpflichtung der Industrie aus dem Jahr 2000 aus, bis 2012 ihre Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 35 Prozent zu senken.

Dieses Ziel hat die Industrie längst erreicht. Die Bundesregierung ist bereit, den Unternehmen auch in Zukunft bei der Ökosteuer entgegenzukommen. Damit die EU-Kommission die Ausnahmen für die Industrie nicht als unzulässige Beihilfe kassiert, müssen die Unternehmen aber zu neuen Gegenleistungen verpflichtet werden.

Und es geht um viel Geld: Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) summieren sich die Ausnahmen auf 3,6 Milliarden Euro jährlich. Besonders für energieintensive Betriebe stehen große Summen auf dem Spiel. Das Bundesfinanzministerium hatte bereits genaue Vorstellungen entwickelt, welche Gegenleistungen die Unternehmen erbringen sollen, damit ihnen der Spitzensteuerausgleich erhalten bleibt: Demnach soll jedes Unternehmen, das das Steuerprivileg in Anspruch nehmen will, jährlich individuell den Nachweis erbringen, eine bestimmte Menge Strom und Brennstoff eingespart zu haben.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gewährt dann die Steuererstattung. Diese auf jedes einzelne Unternehmen bezogene Betrachtung war bislang nicht vorgesehen. Bei den betroffenen Unternehmen und auch im Wirtschaftsministerium stößt der Plan des Finanzressorts auf Ablehnung. Die Wirtschaft warnt vor einem "bürokratischen Monster" und hält den Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums auch inhaltlich nicht für gerechtfertigt. So könne eine Branche insgesamt zwar die Einsparziele erreichen, wegen unterschiedlicher Investitionszyklen gebe es unter den Unternehmen jedoch immer Frontrunner und Nachzügler. Nach der noch bis Ende 2012 geltenden Selbstverpflichtungserklärung reicht es aus, wenn die Industrie insgesamt ihre Reduktionsziele erfüllt, das einzelne Unternehmen spielt keine Rolle. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung überprüft jeweils, ob das Gesamtziel erreicht wird – und konnte den 19 teilnehmenden Branchen Jahr für Jahr bescheinigen, dass die angestrebten Fortschritte bei der Treibhausgasreduktion auch eingetreten sind. Durch eine industrieweite Vereinbarung zur Steigerung der Energieeffizienz wollen die Unternehmen die Überprüfung der Effizienzverbesserung auf Unternehmensebene verhindern und an die Mechanik der bisherigen Regelung anknüpfen. Dazu müsste der BDI eine Erklärung abgeben, die von der Bundesregierung gegengezeichnet würde. Diese Vereinbarung würde das Finanzministerium zur Grundlage für die Fortsetzung des Spitzenausgleichs machen. Das Ministerium erwartet vom BDI, konkrete Effizienzziele zu benennen und ein Monitoring-Verfahren vorzuschlagen.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 23.04.2012

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